Abteilung Fischökologie & Evolution

Eine unterirdische adaptive Radiation von Flohkrebsen in Europa

21. Juni 2021

Adaptive Radiationen sind Ausbrüche der evolutionären Artenvielfalt, die zu einem Großteil der Artenvielfalt auf der Erde beigetragen haben. Eine Ausnahme ist das moderne Europa, wo die Nachkommen der alten adaptiven Radiationen ausgestorben sind und die noch existierenden adaptiven Radiationen klein, jung und eng begrenzt sind.

Allerdings sind nicht alle Hinterlassenschaften der alten Radiationen verloren gegangen. Unterirdische Lebensräume, die dunkel und nahrungsarm, aber dennoch vor Klimaveränderungen geschützt sind, haben alte Abstammungslinien bewahrt. Wir haben hier den Nachweis für eine vollständig unterirdische adaptive Radiation der Amphipodengattung Niphargus erbracht, zu der Hunderte von Arten gehören. Unsere Modellierung der Stammesdiversifizierung und der Entwicklung morphologischer und ökologischer Merkmale unter Verwendung einer zeitlich kalibrierten Multilocus-Phylogenie lässt auf eine große adaptive Radiation schließen, die aus mehreren untergeordneten adaptiven Radiationen besteht. Ihr räumlich-zeitlicher Ursprung fällt mit der Hebung von Karbonatmassiven in Südosteuropa vor 15 Millionen Jahren zusammen. Die entstehenden unterirdischen Lebensräume boten wahrscheinlich unbesetzten, raubtierfreien Raum, der eine ökologische Chance darstellte und ein wichtiger Auslöser für die adaptive Radiation war. Diese Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Artenvielfalt in Europa.