Schadstoffe in Sedimenten überwachen

Beitrag aus dem Infotag-Magazin 2022

Eine vom Oekotoxzentrum neu entwickelte Strategie zeigt, wie die Sedimentqualität in der Schweiz einheitlich bewertet werden kann und legt damit den Grundstein für ein schweizweites Monitoring. Das Verfahren wird zurzeit im Kanton Bern getestet.

Sedimente nehmen eine Schlüsselrolle bei verschiedenen Prozessen aquatischer Ökosysteme ein. Sie lassen etwa neue Lebensräume für spezialisierte Organismen wie Pionierpflanzen entstehen und dienen als Laichplatz oder Lebensraum für aquatische Organismen. Zudem bestimmen sie wichtige Funktionen von Wassereinzugsgebieten, etwa die Fliesseigenschaften, die Gestalt des Flussbettes und die Vernetzung von Lebensräumen in und entlang von Fliessgewässern.

Sedimente sind jedoch auch Senken, das heisst in ihnen akkumulieren sich Stoffe, die Wasserorganismen gefährden. Solche Schadstoffe gelangen aus verschiedenen Quellen wie Landwirtschaft, Siedlungen, Bahntrassen oder Strassen in die Gewässerökosysteme. Dadurch werden die Sedimente mit unterschiedlichen Arten von Stoffen belastet, etwa Pestiziden, Quecksilber oder polychlorierten Biphenylen (PCB). Über das genaue Ausmass der Sedimentbelastung und wie sich diese in den letzten Jahren entwickelt hat, ist jedoch noch wenig bekannt, denn in der Schweiz fehlt bisher ein standardisiertes Monitoring der Sedimentqualität. Mangelhaft ist auch das Verständnis der Prozesse: Wie die Schadstoffe in Gewässer gelangen, sich an Sedimente binden und wie sie sich auf Wasserorganismen auswirken, wird erst teilweise verstanden. Denn diese Prozesse sind sehr komplex und finden teilweise gleichzeitig statt (siehe Abbildung).

Der Verbleib und die Auswirkungen von Chemikalien in Sedimenten sind schwierig zu beurteilen, da verschiedene Prozesse beteiligt sind, die teilweise gleichzeitig ablaufen. Die Grafik beschreibt das konzeptionelle Modell der Kontamination im Sediment und in der Nahrungskette. Biomagnifikation: Anreicherung eines Schadstoffs in Organismen über die Nahrungskette. Bioakkumulation: Anreicherung eines Schadstoffs in einem Organismus durch die Aufnahme über die Nahrung oder aus der Umwelt. Benthische Organismen: Lebewesen, die in oder auf Sedimenten leben.
(Grafik: Oekotoxzentrum / Peter Penicka, Eawag)

Eine Monitoringstrategie für die Schweiz

Das Schweizerische Zentrum für angewandte Ökotoxikologie (Oekotoxzentrum) hat 2021 erstmals eine Strategie zur Beurteilung der Sedimentqualität für die Schweiz veröffentlicht. Die Strategie beschreibt das methodische Vorgehen bei der Probenahme und Probenvorbehandlung und schlägt Qualitätskriterien für zwanzig priorisierte Schadstoffe und Schadstoffgruppen sowie ein Beurteilungssystem vor. Basierend auf dem verfügbaren Wissen über einzelne Schadstoffe wird ein mehrstufiges Verfahren vorgeschlagen, um das Risiko eines Standorts einzuschätzen, für Wasserorganismen schädliche Sedimente zu enthalten. Die Strategie baut auf Methoden auf, die von den Kantonen bereits angewendet werden und ist kompatibel mit dem sogenannten Modul-Stufen-Konzept (MSK). Das MSK ist eine Sammlung von Methoden zur Erhebung und Beurteilung von Fliessgewässern gemäss Gewässerschutzgesetz.

In der Strategie wird ausserdem die Vorbehandlung der Sedimentproben für die chemische Analyse erläutert.
(Foto: Oekotoxzentrum)

Die Strategie ist somit ein erster Schritt zu einem schweizweiten Monitoring. Rico Ryser, Fachbereichsleiter Umweltanalytik des Amts für Wasser und Abfall des Kantons Bern, testet derzeit den Leitfaden erstmals für die Aare: «Bis anhin konnten wir lediglich die Schwermetallgehalte in den Sedimenten der Aare untersuchen, dank der Strategie können wir nun eine vertiefte Beurteilung der Sedimentqualität vornehmen. Wir haben die Sedimentproben erhoben und führen zurzeit in Zusammenarbeit mit dem Oekotoxzentrum und der Universität Bern die ökotoxikologischen Tests und Untersuchungen von organischen Schadstoffen durch. Nun warten wir gespannt auf die Resultate.» Die Publikation aller Daten aus dem Aare-Projekt (inkl. Makrozoobenthos und Ökotoxtests) ist im Frühjahr 2023 geplant.

Erstellt von Manuela di Giulio für das Infotag-Magazin 2022