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Montreal-Protokoll verhindert Ozon-Abbau, aber…

17. September 2019 | Stephanie Schnydrig

Das Montrealer Protokoll hat den Abbau der stratosphärischen Ozonschicht und damit den Anstieg der UV-B-Strahlen auf der Erdoberfläche verhindert. Doch es bleiben viele offene Fragen, zum Beispiel: Wie verändert der Klimawandel die Belastung mit UV-Strahlen von terrestrischen und aquatischen Ökosystemen? In einem Review Artikel, der kürzlich in Nature Sustainability erschienen ist und bei welchem die ehemalige Eawag Forscherin Barbara Sulzberger mitgewirkt hat, werden diese und andere Fragen diskutiert.

Das Montrealer Protokoll über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, feierte 2017 seinen dreissigsten Geburtstag und ist das erste multilaterale Umweltabkommen der Vereinten Nationen, welches bis 2008 durch alle Vertragsparteien (197 Staaten) ratifiziert wurde. Ziel dieses Protokolls ist, die für das Leben auf der Erde essentielle Ozonschicht in der Stratosphäre zu schützen, indem die Herstellung und Emission von Ozon-abbauenden Substanzen (Fluorchlorkohlenwasserstoffe, FCKWs) verboten wurde. Die stratosphärische Ozonschicht hält die für den Menschen und andere Lebewesen schädlichen UV-B-Strahlen der Sonne zurück. Das Montrealer Protokoll stellt einen grossen Erfolg dar, denn laut Expertinnen und Experten soll sich das globale mittlere Gesamtozon bis 2050 wieder auf das Niveau vor 1980 einpendeln – vorausgesetzt, dass das Montrealer Protokoll von allen Vertragsparteien eingehalten wird. In kürzlich erschienen Publikationen wird allerdings berichtet, dass das Gas Trichlorfluormethan (CFC-11) seit 2012 wieder vermehrt emittiert wird. Die Quellen dieser Emissionen konnten lokalisiert werden: Demnach stammen 40 bis 60 Prozent davon aus China. Viele Ozon-abbauende Substanzen, welche unter dem Bann des Montrealer Protokolls stehen, wirken auch als Treibhausgase. So weisen Modellstudien darauf hin, dass sich ohne Montreal-Protokoll die mittlere globale Temperatur allein durch den Treibhauseffekt von Ozon-abbauenden Substanzen bis 2070 um mehr als 2 Grad Celsius erhöhen würde. Das Montrealer Protokoll hilft also nicht nur, die Ozonschicht in der Stratosphäre zu schützen, sondern auch die globale Erwärmung zu verlangsamen.

Ozonloch über der Antarktis beeinflusst Klima der Südhalbkugel

Trotz der Erholung der stratosphärischen Ozonschicht wird seit den 1980er Jahren im antarktischen Frühling nach wie vor ein Ozonloch beobachtet, dessen Ausmass jedoch abnimmt. Dieses Ozonloch beeinflusst nicht nur die UV-Strahlung in der Antarktis, sondern auch das Klima auf einem grossen Teil der Südhalbkugel. Durch dieses Ozonloch und durch den ansteigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre werden auf der Südhalbkugel atmosphärische Zirkulationsmuster verändert und damit regionale Wetterbedingungen, so dass es in einigen Gegenden nässer und in anderen trockener wird. Zum Beispiel bewirkt die durch das Ozonloch getriebene Klimaveränderung grössere Trockenheit in Chile, verbunden mit einer grösseren Gefahr von Wald- und Buschbränden. Umgekehrt haben mehr Regenfälle im südöstlichen Südamerika zu höheren landwirtschaftlichen Erträgen geführt. Diese veränderten Wetterbedingungen beeinflussen auch aquatische Ökosysteme. Ein Beispiel ist das Korallensterben in brasilianischen Küstengewässern, bedingt durch höhere Wassertemperaturen.

Klimawandel beeinflusst UV-Exposition von Ökosystemen

Eine Konsequenz von Trockenperioden ist zum Beispiel, dass Böden den UV-Strahlen der Sonne stärker ausgesetzt sind wegen der kleineren Beschattung durch Bäume und andern Pflanzen. Photochemische Reaktionen (durch UV und sichtbares Licht ermöglichte Reaktionen) von abgestorbenen Blättern (Humus) führen zur Bildung von CO2 und andern Treibhausgasen. Länger anhaltende Trockenperioden, bedingt durch den Klimawandel, bewirken also nicht nur, dass weniger CO2 via Photosynthese der Pflanzen aufgenommen wird, sondern auch, dass mehr CO2 durch den photochemischen Abbau von Humus emittiert wird. Das Auftauen des Permafrosts, Schmelzen der Gletscher und länger anhaltende und intensivere Regenfälle führen dazu, dass mehr natürliches organisches Material (NOM) von Böden in Flüsse, Seen und Küstengewässer geschwemmt wird. Dort ist es den UV-Strahlen der Sonne stärker ausgesetzt und kann photochemisch zu CO2 und anderen chemischen Komponenten abgebaut werden. Dieser Prozess verringert die Nettoaufnahme von CO2 durch aquatische Ökosysteme.

Wie stark Lebewesen den UV-Strahlen der Sonne aufgesetzt sind, hängt auch von Verhaltensmustern ab. So scheint zum Beispiel die Zunahme von Hautkrebs in den letzten hundert Jahren wesentlich dadurch bedingt zu sein, dass sich Menschen vermehrt den UV-Strahlen der Sonne aussetzen. Viele Tiere und Pflanzen migrieren wegen des Klimawandels zu höheren Höhen über Meer, wo sie höheren Intensitäten der UV-Strahlen ausgesetzt sind.         

Weiterführende Informationen

Der Review Artikel von Barnes und Koautoren basiert auf den sieben Kapiteln des vierjährlichen Berichtes (2018 Assessment Report) des Environmental Effects Assessment Panel des United Nations Environment Programme (UNEP EEAP). Das UNEP EEAP ist eines der drei Panels, welches 1988 durch die Vertragsparteien des Montrealer Protokolls ins Leben gerufen wurde. Die drei Panels schreiben alle vier Jahre einen ausführlichen Bericht (Assessment Report) zuhanden der Parteien des Montrealer Protokolls (https://ozone.unep.org/science/assessment/eeap). Die sieben Kapitel des 2018 Assessment Report des UNEP EEAP wurden auch in einer Spezialausgabe von Photochemical & Photobiological Sciences (2019, 3: 595-828) publiziert.

Referenzen

Barnes, P. W. and others, Ozone depletion, ultraviolet radiation, climate change and prospects for a sustainable future, Nature Sustainability, 2019, 2: 569-579.

Montzka, S. A. and others, An unexpected and persistent increase in global emissions of ozone-depleting CFC-11, Nature, 2018, 557: 413-417.

Rigby, M. and others, Increase in CFC-11 emissions from eastern China based on atmospheric observations, Nature, 2019, 569: 546-550.