News

Klimarappen finanziert energie-positive Kläranlage

30. April 2018 | Deborah Kunz

Im Abwasser stecken jede Menge Energie und Nährstoffe. Neue Verfahren ermöglichen die Rückgewinnung dieser Ressourcen aus Abwasser und Klärschlamm und haben zum Ziel, die Funktion der Kläranlagen neu zu definieren – vom Energieverbraucher zum Energieversorger und zum Lieferanten von wertvollem Dünger. Die neue Technologie überzeugte auch die Stiftung Klimarappen. Sie unterstützt den Bau einer neuen Anlage in der Ara Altenrhein finanziell.

Ein sehr wichtiger Nährstoff im Abwasser ist der Stickstoff, der im Übermass in unseren Gewässern grossen Schaden anrichten kann. Andererseits ist er eine wertvolle Ressource, ein Nährstoff, welcher nach seiner Rückgewinnung aus dem Abwasser in der Landwirtschaft wiederverwendet werden kann. Der Nährstoffkreislauf wird geschlossen und aus dem vermeintlichen Abfallprodukt Abwasser entsteht ein gefragter Dünger. Um den Stickstoff zu recyclieren, haben sich bislang biologische Verfahren sehr bewährt, zeigen aber bei nicht optimaler Betriebsweise Schwächen bezüglich Prozessstabilität sowie Emissionen des klimaschädlichen Lachgases. Schon länger bekannt ist die Technologie des Luftstrippings wie es beispielsweise in der Abwasserreinigungsanlage (Ara) Kloten/Opfikon mit Unterstützung der Eawag grosstechnisch und mit einer innovativen Vorbehandlung umgesetzt wurde. Dieses Verfahren wird zwar in verschiedenen Kläranlagen angewendet, ist aber teuer und hat sich daher nicht flächendeckend durchsetzen können.

Gegenwärtig befasst sich die Abwassertechnik mit der vielversprechenden Methode des Membranstrippings. Forschende der Eawag konnten in der Ara Neugut (Dübendorf/Wallisellen) bereits erste Erfahrungen mit halbtechnischen Pilotanlagen sammeln. Aufbauend auf diesen ersten Aktivitäten startete 2015 das EU Projekt Powerstep, an welchem sich auch die Eawag beteiligt. Im Rahmen dieses Projektes hatten die Verfahrenstechniker unter der Leitung von Marc Böhler den Auftrag, die erste volltechnische Membranstrippungsanlage zu planen und mit Partnern aus der Industrie baulich zu realisieren. Geplant ist die Realisierung dieser Anlage 2018 auf der Ara Altenrhein am Bodensee. Parallel entstand auch eine volltechnische Membranstrippanlage zur Stickstoffrückgewinnung auf der Westschweizer Ara Yverdon. Mit der Realisierung der Anlage in Yverdon und dem Betrieb seit Mitte 2016 konnte die Eawag im Projekt Powerstep durch eine Evaluation der Betriebsdaten wertvolle Kenngrössen zum Energie- und Betriebsmittelverbrauch sammeln.

Im Mai 2018 findet das Projekt seinen Abschluss auf der  IFAT, der Weltleitmesse für Wasser, Abwasser, Abfall und Rohstoffwirtschaft, in München. An der Veranstaltung werden auch andere innovative Technologien des Powerstep-Projektes vorgestellt, welche volltechnisch erprobt wurden und unsere Kläranlagen in der Zukunft energie-positiv machen sollen.

CO₂ Bilanz der Ara verbessern

Die in Yverdon gesammelten Erfahrungen und Kennzahlen fliessen nun in die Realisierung der Anlage auf der Ara Altenrhein ein. Mitfinanziert wird sie durch den Klimarappen, weil durch die neue Membranstrippinganlage die CO₂ Bilanz der Ara massiv verbessert werden können. Mit den bisher angewendeten biologischen Verfahren wird beim Stickstoffrecycling als unerwünschtes Nebenprodukt klimaschädliches Lachgas freigesetzt. Mit dem Membranstripping wurde erstmals eine Methode entwickelt, die keine Lachgasemissionen erzeugt. Diese positive Wirkung führte zur Unterstützung durch die Klimarappen, einer Stiftung der Schweizer Wirtschaft, die sich für einen wirksamen Klimaschutz einsetzt. Die Gelder der Stiftung wurden durch eine Abgabe von 1,5 Rappen pro Liter auf Benzin- und Dieselimporten in den Jahren 2006 bis 2012 generiert.

In Rahmen des Eawag-Infotags 2018 zum Thema „Abwasser als Ressource – zukunftsweisende Technologien zur Rückgewinnung von Wertstoffen“ werden Eawag-interne sowie externe Experten auf verschiedene Aspekte rund um das Thema Kreislaufwirtschaft und Ressourcenrückgewinnung eingehen. Neue technische Verfahren sollen in Zukunft nicht nur dazu beitragen, die natürlichen Ressourcen zu schonen und wiederzuverwerten, sondern auch negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu reduzieren.