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Wasserqualität an Forellengenen ablesen

4. April 2018 | Christine Arnold

Die Effekte von Chemikalien auf Ökosysteme mit zahlreichen Arten zu überwachen, ist nach wie vor eine Herausforderung. In einem gemeinsamen Projekt untersuchten die Eawag und das Oekotoxzentrum Eawag-EPFL im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (Bafu), wie die Regulation von Genen bei Fischen und in einzelnen Fischzellen Aussagen zur Wasserqualität und zur Fischgesundheit ermöglicht.

Lebewesen regulieren ihre Gene und bilden so in ihren Zellen unterschiedliche Proteine. Mit diesem Mechanismus können die Organismen auch auf Belastungen durch Schadstoffe reagieren und ihren Körper schützen. Um diese Veränderungen im Ökosystem Wasser zu beobachten, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Eawag und des Oekotoxzentrums Eawag-EPFL für die Bachforelle (Salmo trutta) und die Regenbogenforelle (Oncorhynchus mykiss) ein Set von Genen definiert, die als Biomarker für verschiedene Schadstoffe dienen. Ziel war, anhand der Regulation dieser Gene Rückschlüsse auf die im Wasser vorhandenen Schadstoffe und deren potentiellen Effekte auf die Fische machen zu können. Unter Laborbedingungen und mit Standardmodellorganismen wird dieses Vorgehen bereits routinemässig angewendet. Die grosse Herausforderung des Projektes war, diese Untersuchung im Feld unter nicht standardisierten Bedingungen mit wild gefangenen Fischen durchzuführen.

Biomonitoring funktioniert im Feld

«Wir sind positiv überrascht, dass diese Methode auch im Feld so gut funktioniert hat», freut sich Stephan Fischer, der das Projekt bei der Eawag geleitet hat. Vor allem die Organisation der Probenahmen war kein einfaches Unterfangen: «Um einen direkten Vergleich machen zu können brauchten wir Standorte, an denen ober- und unterhalb einer Abwasserreinigungsanlage (ARA) Forellen ansässig sind. Das Wasser oberhalb der ARA durfte nicht belastet sein.» In Steinach, Herisau, Ellikon und Elgg fand das Team die gewünschten Bedingungen. Hier analysierten die Forschenden, wie sich die Regulation der Gene bei den Fischen ober- und unterhalb der ARA unterschied. Gleichzeitig untersuchte das Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin in Bern die Gesundheit der Forellen.

Die Resultate sind vielversprechend: Anhand der regulierten Gene konnten die Forschenden zeigen, dass die Fische unterhalb der ARA stärker gestresst waren. Sie konnten sogar identifizieren, welchen Gruppen von Mikroschadstoffen die Fische ausgesetzt waren – Pharmaka, Pestiziden oder Stoffen, die auf den Hormonhaushalt wirken. Die Resultate stimmten mit den chemischen Analysen der Wasserproben überein. Fischer betont aber, dass das Projekt als eine Art Vorstudie gewertet werden muss: «Wir konnten zeigen, dass Biomonitoring auch im Feld funktioniert, wo eine Vielzahl von Stoffen vorhanden ist und auch Bedingungen wie Licht oder Temperatur nicht konstant sind. Bis die Methode allerdings routinemässig zum Beispiel zum Verifizieren von Grenzwerten angewendet werden kann, sind weitere Untersuchungen nötig.»

Tests an Zelllinien

Langfristig will die Eawag das Biomonitoring mit Leber- und Kiemenzellkulturen der Regenbogenforelle durchführen. Diesen Ansatz verfolgt Stephan Fischer mit der Eawag und dem Eawag- Spin-Off aQuaTox-Solutions weiter, den er gemeinsam mit Eawag-Kollegen gegründet hat. «Es wäre ein grosser Vorteil, wenn wir für die Tests keine Tiere mehr brauchen würden», sagt er. Zudem sind Zelllinientests schneller, einfacher zu standardisieren und weniger ressourcenintensiv. Die ersten Resultate sind vielversprechend.

Bild

Die gefangenen Forellen wurden umfassend untersucht. Nicht nur die Regulation ihrer Gene interessierte die Forschenden, sondern auch ihre allgemeine Gesundheit.