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Portraitserie - Salome Mwaiko

9 ottobre 2019 | Stephanie Schnydrig

Salome ist dreifache Mutter und stammt aus der Region Kilimanjaro in Tansania. Sie hat viel zu erzählen, und währenddessen lacht sie laut und viel. Aufgewachsen ist sie in einer konservativen Gesellschaft, wo Frauen früh heiraten und sich um Kinder und den Haushalt kümmern. Trotzdem wollte Salome schon von Kindesbeinen an die Universität.

Ihre Verwandten fanden das zum Teil mutig, zum Teil herrschte aber auch Verständnislosigkeit. Doch ihr Vater war ein Gymnasiumlehrer, der in England studiert hatte und dem die Ausbildung seiner Töchter am Herzen lag. «Für die Einstellung meines Vaters zur Gleichberechtigung in der Bildung bin ich unglaublich dankbar», sagt Salome.

Doch sie hatte neben kulturellen auch staatliche Hürden zu überwinden. Denn wollte man damals in Tansania studieren, musste jede und jeder ein Jahr lang Militärdienst absolvieren. Und so stand Salome mit 20 Jahren, bewaffnet und im Tarnanzug, während 360 Tagen in einem Militärlager an der Grenze zu Mozambique.

Ihr Bachelorstudium an der Universität in Dar Es Salam in Zoologie und mariner Biologie schloss sie im Jahr 1984 ab und ergatterte eine Stelle am nationalen Fischereiinstitut. Dort arbeitete sie an Nachhaltigkeitsprojekten für die Fischerei im Indischen Ozean. Vier Jahre später erhielt sie ein Stipendium, um Fischressourcen und Fischereimanagement an der Universität Bergen in Norwegen zu studieren und somit die Möglichkeit ihren Master abzuschliessen.

Nachdem sie wieder ein paar Jahre in Tansania gearbeitet hatte, erlangte sie ein Stipendium für ein Doktorat in Grossbritannien, um die Taxonomie von haploiden Buntbarschen an der University of Aberdeen in Schottland zu untersuchen.

So wanderte sie, inzwischen dreifache Mutter, mit ihren Kindern nach Europa aus. Weil es ihrem Mann dort nicht gefiel, war Salome nach kurzer Zeit ganz auf sich alleine gestellt: In einem neuen Land, einer neuen Kultur, drei schulpflichtigen Mädchen und mit einer Doktorarbeit, die bald einmal aussichtslos erschien, weil ihre Betreuerin nur wenige Monate nach Salomes Ankunft in Grossbritannien verstarb.

«Ich stand kurz davor, alles hinzuschmeissen und zurück nach Tansania zu gehen», sagt Salome. Doch dann lernte sie über sieben Ecken Ole Seehausen kennen, der die Betreuung ihrer Doktorarbeit übernahm und sie schlussendlich an die Eawag brachte.

Für die Familie hiess das, wieder in einem neuen Land Fuss zu fassen. «Meine Kinder haben mich gehasst, als sie realisierten, dass sie Deutsch lernen müssen», sagt Salome, sie lacht dabei aber von Herzen. Während ihre älteste Tochter zurück nach Tansania gegangen ist, fühlen sie und ihre anderen beiden Töchter sich nun nach 15 Jahren in der Schweiz zu Hause – zurück nach Tansania möchte sie nicht mehr.