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Blaualgenblüten der vergangenen 200 Jahre rekonstruiert

15 dicembre 2016 | Martina Schürmann

Im Greifensee und Zürichsee traten in der Vergangenheit immer wieder Blüten von potenziell toxischen Blaualgen auf. Dies haben Forscherinnen und Forscher der Eawag mit der Analyse von Erbgut aus den Seesedimenten nachgewiesen. Von Martina Schürmann

Im letzten Jahrhundert kam es in Seen weltweit immer wieder zu Blaualgenblüten, welche die Wasserqualität beeinträchtigen. Betroffen sind auch der Zürichsee und der Greifensee. Zu Blaualgenblüten kommt es vor allem bei nährstoffreichen Bedingungen. Auch hohe Wassertemperaturen spielen eine Rolle. Gewisse Arten der Blaualgen (eigentlich: Cyanobakterien) produzieren Giftstoffe, wie zum Beispiel leberschädigende Microcystine. Auch ohne die Bildung von toxischen Stoffen kann eine hohe Konzentration an Blaualgenzellen zu allergischen Reaktionen oder Durchfallerkrankungen bei Kindern, Personen mit empfindlicher Haut oder Hunden führen.

Mit DNA aus Sedimenten die Vielfalt von Cyanobakterien rekonstruieren

Langzeitdaten zur Artenvielfalt und zum massenhaften Auftreten von Cyanobakterien in Seen waren bis anhin nur beschränkt vorhanden. So erhebt die Eawag den Artenreichtum des Greifensees erst seit 1974 durch monatliche mikroskopische Untersuchungen von Wasserproben regelmässig. Die Wasserversorgung Zürich tut dasselbe im Zürichsee seit 1976. Um weiter in die Vergangenheit zurückzuschauen und besser zu verstehen, wie und unter welchen Umständen sich Blaualgenblüten bilden, haben Marie-Eve Monchamp von der Abteilung Aquatische Ökologie und ihre Forscherkollegen nun Erbgut von Cyanobakterien aus den Sedimenten der beiden Seen untersucht.

Die Biologen entnahmen drei Sedimentkerne mit einem Durchmesser von 63 Millimetern und einem Meter Länge an den tiefsten Stellen des Greifensees und des unteren Seebeckens des Zürichsees. Diese liegen bei 32 respektive 98 Metern. Im Labor isolierten sie die DNA der Bakterien, die sich in den letzten 200 Jahren in den Sedimenten abgelagert hat, und sequenzierten deren Gene. Da es ihnen gelang, relativ lange DNA-Fragmente – bestehend aus 400 Bausteinen (Nukleotiden) – zu isolieren, konnten sie nicht nur einzelne Arten von Cyanobakterien beschreiben, sondern zum ersten Mal auch die Zusammensetzung sowie die stammesgeschichtliche Verwandtschaft ganzer Gemeinschaften erfassen.

Um die Verlässlichkeit der Methode zu überprüfen, verglichen die Forschenden die Resultate der DNA-Analyse mit dem in den letzten vierzig Jahren mit Wasserproben erhobenen Artenreichtum. «Die Ergebnisse beider Methoden stimmen für diesen Zeitraum sehr gut überein und die statistischen Auswertungen zeigen einen starken und signifikanten Zusammenhang», sagt die Wissenschaftlerin. In den Sedimenten fanden die Forschenden oft mehr Arten, was sich laut Monchamp teilweise dadurch erklären lässt, dass sich viele Cyanobakterien-Arten in den Wasserproben unter dem Mikroskop nur schwer unterscheiden lassen und deren Vielfalt deshalb tendenziell unterschätzt wird.