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Pyrethroide im Visier
4 novembre 2019 |
Sie sind in niedrigsten Konzentrationen wirksam gegen Schädlinge, etwa im Rapsanbau. Doch sie bergen auch ein hohes Risiko für Gewässerorganismen, wenn sie ins Wasser gelangen: Pyrethroid- und Organophosphat-Insektizide. Bisher sind sie bei der Gewässerüberwachung durch die Maschen gefallen, denn schon die Probenahme, aber auch die Analytik müssen auf diese Stoffe ausgerichtet sein. In ungekühlten Wasserproben unterliegen die Substanzen zudem bereits nach wenigen Tagen einem merklichen Abbau und die Analysegeräte müssen in der Lage sein, Konzentrationen im Bereich von Picogrammen (Milliardstel Milligramm) pro Liter zu messen.
Toxischer als alle anderen Pflanzenschutzmittel zusammen
Im Verhältnis zu allen, in der Schweiz als Pflanzenschutzmittel eingesetzten Pestiziden, machen die Pyrethroid- und Organophosphat-Insektizide weniger als ein Prozent aus. Eine heute in der Zeitschrift Aqua und Gas publizierte Studie zeigt, dass an fünf von sechs untersuchten Bächen regelmässig Qualitätskriterien überschritten wurden, ab denen eine chronische, teilweise sogar akute Schädigung von Organismen befürchtet werden muss – vor diesem Hintergrund hat der Bund im Fall von zwei Organophosphat-Insektiziden bereits gehandelt und für Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-methyl ein Verbot geplant.
Am höchsten beurteilten die Forscherinnen und Forscher das Risiko für wirbellose Kleinorganismen im Beggingerbach. Hier war die Wasserqualität während des Untersuchungszeitraums von acht Monaten unbefriedigend bis schlecht. Die Messungen am Chrümmlisbach erlaubten einen Vergleich mit anderen Pflanzenschutzmitteln, die dort im gleichen Zeitraum gemessen wurden. Dabei hat sich gezeigt, dass durch die Pyrethroid- und Organophosphat-Insektizide ein höheres Risiko für Wirbellose ausgelöst wird als durch alle anderen gemessenen Pflanzenschutzmittel zusammen. Im Extremfall sind die Risiken bis 50fach erhöht, im Durchschnitt um den Faktor 2,5.
Eawag entwickelt Nachweismethode
Die Proben wurden 2018 zwischen März und Oktober an sechs Bächen im Mittelland genommen: Le Bainoz (FR), Ballmoosbach (BE), Beggingerbach (SH), Boiron de Morges (VD), Chrümmlisbach (BE) und Ron (LU). Am Chrümmlisbach wurden auch schon 2017 Proben genommen. Um möglichst wenig Verluste zu haben, mussten die Probenehmer gekühlt und die Mischproben dann gekühlt an die Eawag geschickt werden. Dort wurden sie so aufbereitet, dass nicht nur die gelösten, sondern auch die an Partikel gebundenen Insektizide erfasst wurden. Für den Nachweis der einzelnen Wirkstoffe wurde anschliessend die Gaschromatographie gekoppelt an die Massenspektrometrie eingesetzt. So konnten mit dem aufwändigen Prozedere bis auf wenige Ausnahmen auch Konzentrationen erfasst werden, die unter denjenigen lagen, ab denen ein Risiko besteht.
Konzentrationen eher unter- als überschätzt
Für die Beurteilung des chronischen Risikos ist es wichtig, dass Mischproben über zwei Wochen herangezogen werden. Diese sind ideal für die Bewertung des chronischen Risikos, eignen sich aber nur bedingt für die Einstufung von akuten Risiken durch auftretende Höchstkonzentrationen. In den Mischproben werden nämlich kurzzeitige Konzentrationsspitzen ausgemittelt. Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass trotz der Kühlung der Proben bis zu ihrer Analyse mit Verlustraten von rund 40 Prozent pro Woche zu rechnen ist.
Künftig routinemässig überprüfen
Wer wissen will, wie der Zustand der Schweizer Fliessgewässer tatsächlich ist, wird also künftig nicht um die Quantifizierung der Pyrethroid- und Organophosphat-Insektizide herumkommen. Dank der Zusammenarbeit der Eawag mit den kantonalen Gewässerschutzlaboren und der Plattform Wasserqualität des Verbands Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) verfügen jetzt bereits fünf Labore über eine routinetaugliche Analysemethode zur Bestimmung dieser Insektizide im Picogramm-pro-Liter-Bereich.