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Wie Pilze die Vielfalt von Bakterien fördern
9 gennaio 2023 |
«Eigentlich», sagt David R. Johnson, Gruppenleiter in der Abteilung Umweltmikrobiologie des Wasserforschungsinstituts Eawag, «sollte die genetische Vielfalt abnehmen, wenn sich Organismen räumlich ausbreiten.» Er veranschaulicht diese Theorie an der Ausbreitungsgeschichte des Menschen: Auf dem Weg von Afrika, wo die genetische Vielfalt am grössten war, über Europa, Asien, Amerika bis hinunter zur Spitze von Südamerika ging immer mehr genetische Vielfalt verloren. Einerseits, weil die kleinen Gruppen, die auf die Suche nach neuen Lebensräumen machten, nur einen Teil der ursprünglichen genetischen Vielfalt mit auf die Reise nahmen. Andererseits, weil auf der Wanderung immer wieder Gruppen, Teile von Gruppen oder Individuen durch zufällige Ereignisse zu Tode kamen – wodurch die genetische Vielfalt weiter abnahm. Doch bei Bakterien passiert das nicht: «Von ihnen leben tausende Arten nebeneinander», sagt Johnson. «Und sie werden nicht weniger oder weniger divers, wenn sie sich ausbreiten.»
Johnsons Gruppe beschäftigt sich schwerpunktmässig mit Bakterien und ihren Kolonien auf Oberflächen, sogenannten Biofilmen. In ihrer neusten Forschungsarbeit konnten sie nun einen Faktor identifizieren, der dazu beiträgt, die Vielfalt von sich ausbreitenden Bakterien zu erhalten und sogar zu fördern: Pilze – genauer gesagt deren Hyphen, lange fädige Gebilde, die ganze Netzwerke bilden. Johnson und Mitarbeitende konnten zeigen, dass die Hyphen die Ausbreitung von Bakterien erleichtern und dazu beitragen, die Bakterien-Vielfalt zu erhalten. Sie fördern die räumliche Durchmischung und schaffen dadurch auch Bedingungen, unter denen sogar zusätzliche Vielfalt entsteht.
Wasserstrassen unter Pilzhyphen
Wer nun an eine Symbiose zwischen Pilzen und Bakterien denkt, wird enttäuscht sein. «Die Erklärung ist Physik und nicht Biologie», erklärt Johnson. «Wachsen die feinen Pilz-Hyphen auf Oberflächen, bildet sich entlang ihrer Unterseite ein Wasserfilm.» Diese Wasserwege können Bakterien nutzen, um sich fortzubewegen. So können sie sich leichter, rascher und weiter ausbreiten als ohne solche Tunnelsysteme. Allerdings profitieren davon nur Bakterien, die sich mit Geisseln aktiv fortbewegen können.
In ihren Experimenten gaben die Forschenden jeweils Mischungen aus einem Pilz und verschiedenfarbig markierten Bakterienstämmen in die Mitte von Agarplatten, festen Nährmedien, auf denen sich Mikroorganismen züchten lassen. Sie liessen Pilz und Bakterien eine Zeitlang gedeihen und stoppten dann das Wachstum des Pilzes. Danach beobachteten sie, was an den Rändern des Pilzgeflechtes passierte, von wo aus sich die Bakterien auf der unberührten Agarplatte ausbreiteten – dort, wo die genetische Vielfalt theoretisch kleiner werden sollte.
Es zeigte sich, dass Bakterien auf Platten mit Pilzgeflecht andere Muster formten als auf solchen, auf denen die Forschenden ausschliesslich Bakterien aufgebracht hatten: Während sich rund um Bakteriengemische ohne Pilzgeflecht die Bakterien in breiten farbigen Streifen ausbreiteten, formten sie auf den Platten mit Pilzgeflecht zahlreiche dünne Linien. Die Wissenschaftler erklären dies damit, dass dort anstatt von ein paar wenigen, zufällig aussen wachsenden Bakterien, viele einzelne Bakterien über die Pilz-Wasserstrassen zum Rand des noch unbesiedelten Nährmediums gelangen und sich von dort aus auf diesem auszubreiten beginnen. Dass sich auf diese Weise mehr verschiedene Bakterien und auch weniger konkurrenzstarke Arten oder genetische Varianten ausbreiten können, hilft dabei, die Vielfalt zu erhalten.