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Hightech-Messtechnik für effektive Revitalisierungsprojekte
23 giugno 2015 |
Die Wiederbelebung der kanalisierten Flüsse und Bäche in der Schweiz ist eine Generationenaufgabe. In den kommenden 80 Jahren, so sieht es das 2011 revidierte Gewässerschutzgesetz vor, sollen 4000 Kilometer Fliessgewässer ökologisch aufgewertet werden. Doch wann sind solche Revitalisierungen ein Erfolg? Eine an der Eawag entstandene Studie zeigt, dass Revitalisierungen bis heute kaum systematisch evaluiert wurden und dass es an einheitlichen Beurteilungskriterien fehlt.
Zwischen 1979 und 2012 wurden pro Jahr durchschnittlich rund 10 Kilometer Flussläufe revitalisiert, doch Erfolgskontrollen sind nur für wenige Projekte dokumentiert. Und falls Daten erhoben wurden, dann häufig nur zur Verbreitung von Leitarten wie zum Beispiel Forellen. In keinem der total 848 Projekte wurde untersucht, wie sich Flussrevitalisierungen auf den Austausch zwischen Grund- und Oberflächenwasser auswirken. Doch diese Grundwasser-Oberflächen-Interaktionen sind zentral für das Funktionieren aquatischer Ökosysteme. Fehlt der Austausch, kann das negative Folgen haben für die Verfügbarkeit von Nährstoffen und gelöstem Sauerstoff, aber auch auf die Temperatur und Qualität des Wassers.
Neu geschaffene Strukturen im Fluss tragen zum Erfolg von Revitalisierungen bei
Die Forscherin Anne-Marie Kurth schlägt nun vor, auch den Austausch zwischen Grund- und Oberflächenwasser bei Erfolgskontrollen von Revitalisierungen miteinzubeziehen. Im Rahmen ihrer Dissertation an der Eawag und der Universität Neuenburg konnte sie nachweisen, dass sich diese Interaktionen durch Flussrevitalisierungen verbessern lassen. «Wir haben gesehen, dass sich zum Beispiel Kiesinseln positiv auf den Austausch zwischen Grund- und Oberflächenwasser auswirken können», erklärt die Schadstoff-Hydrogeologin, «das Eindringen von Oberflächenwasser in den Untergrund wurde verstärkt.» Ganz allgemein, so Kurth, können neu geschaffene Strukturen im Fluss zu einer verbesserten Grundwasser-Oberflächen-Interaktion führen.
Um den Austausch zwischen Grund- und Oberflächenwasser in revitalisierten Gewässern kontinuierlich und über lange Zeit überwachen zu können, hat die Forscherin ein Messsystem entwickelt. Es macht sich die Temperaturunterschiede zwischen Grund- und Oberflächenwasser zu Nutze und schliesst daraus, ob Wasser vom Bach ins Grundwasser strömt oder umgekehrt (siehe Kasten). Die von Anne-Marie Kurth entwickelte Methode baut auf der DTS-Technik auf (Distributed Temperature Sensing). Diese Technik konnte bis anhin allerdings nur in kleinen Bächen und bei infiltrierendem Grundwasser eingesetzt werden. Neu sind nun Messungen unabhängig von der Grösse und der hydrologischen Situation eines Gewässers möglich, also auch wenn Oberflächenwasser in den Untergrund versickert. Da das Messsystem ferngesteuert ist und mit Solarstrom betrieben werden kann, sind auch Messungen an abgelegenen Standorten möglich.
Zum ersten Mal den hydrogeologischen Erfolg einer Revitalisierung untersucht
Dass sich die Methode in der Praxis bewährt, konnte die Forscherin am Chriesbach im Kanton Zürich nachweisen. Dieser im letzten Jahrhundert stark verbaute Bach fliesst durch dicht bebautes Gebiet. 2013/2014 wurde er auf einer Strecke von 900 Metern revitalisiert. «Wir haben den Austausch zwischen Grund- und Oberflächenwasser vor und nach den Revitalisierungsmassnahmen untersucht und miteinander verglichen», sagt Kurth und ergänzt: «Zum ersten Mal überhaupt wurde mit dieser Fallstudie der hydrogeologische Erfolg einer Revitalisierung untersucht.»
Glasfaserkabel im Bachgrund
Die von der Eawag-Forscherin verwendete Technik leitet Laserlichtblitze durch ein Glasfaserkabel im Flussgrund. Die Impulse werden teilweise zurückgestreut – abhängig von der Temperatur des Glasfaserkabels mit anderer Energie. Diese Änderung der Energie sowie die Zeitdifferenz zwischen Senden und Empfangen erlauben präzise Aussagen, wo entlang des Kabels welche Temperatur herrscht (passives Distributed Temperature Sensing, DTS). Im Sommer bedeutet eine Abkühlung in der Regel, dass kühles Grundwasser in den Bach strömt, eine Erwärmung, dass warmes Bachwasser ins Grundwasser infiltriert. Im Winter ist es umgekehrt. Bei der aktiven DTS-Methode wird die metallische Ummantelung des Glasfaserkabels aufgeheizt und die Reaktion auf diese Hitzeinjektion analysiert. So kann zusätzlich darauf geschlossen werden, wie viel Wasser im betreffenden Messabschnitt zwischen Grundwasser und Gewässer ausgetauscht wird. Ein mehrere hundert Meter langes Glasfaserkabel wird so zu einem sehr langen Temperatursensor. Das ferngesteuerte Messsystem übermittelt Daten regelmässig online.