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Die nächsten Jahre in der Legionellenforschung
6. August 2025 |
Legionellen kommen überall vor, wo feucht-nasse Verhältnisse herrschen, wie beispielsweise in Wasserleitungen, Duschen, Boilern, dem Gartenschlauch oder im Kompost. Der Erreger verursacht dabei die Legionärskrankheit, sowie das Pontiac-Fieber und die Anzahl Infektionen stieg in den letzten 20 Jahren seit Beginn der Messungen, kontinuierlich an. «Legionellen kommen fast überall vor. Sie lassen sich nur mit gezielten Massnahmen eindämmen», so Frederik Hammes, Forscher der Eawag Abteilung Umweltmikrobiologie und Mitautor der Studie.
Um diesem weit verbreiteten Erreger entgegenzukommen und eben diese gezielten Massnahmen auch umsetzen zu können, braucht es nicht nur weitere Forschung, sondern auch eine enge Zusammenarbeit der Wissenschaft mit Industrie und Politik. Zu diesem Schluss kommt ein Team aus Forschenden in ihrer Publikation «Foresight 2035», die kürzlich im FEMS Microbiology Reviews erschienen ist. Darin fassen die Forschenden unterschiedlicher internationaler Institutionen und Forschungsfelder unter der Leitung von Frederik Hammes jene Themen zusammen, die in den nächsten Jahren angegangen werden sollten.
Den Startschuss für die Entstehung der Publikation legte ein Legionellen-Management-Symposium 2024 am Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag, an dem zahlreiche Akteure rund ums Thema Legionellen zusammen fanden – und das aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Themengebieten. Wie Hammes erklärt: «Die Berührungspunkte der Legionellenforschung sind vielfältig. Dazu gehört die Sanitär- und Gebäudetechnik, das Ingenieurwesen, Mikrobiologie, aber auch Politik und natürlich Medizin». Die Zusammenarbeit von Behörden, Industrie und Wissenschaft sei der Weg, um Infektionen durch Legionellen nicht nur zu kontrollieren, sondern auch einzudämmen. In ihrer Publikation zeigen die Forschende verschiedene Problemfelder auf, die in den nächsten Jahren relevant sein werden.
Legionellen mögen’s warm – aber nicht zu warm
Eine dieser möglichen neuen Herausforderungen ist der Klimawandel. Das Team kommt zum Schluss, dass der Klimawandel zukünftig eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung von Legionellen spielen wird. Nicht nur wachsen Legionellen bei wärmeren Temperaturen schneller, es entstehen auch neue Risiken für den Menschen, sich mit dem Erreger zu infizieren. Denn während die Bevölkerung der Hitze mit Klimaanlagen entgegen wirkt, ist das Gerät selbst gleichzeitig manchmal ein ideales Zuhause für die Bakterien.
Auch Bestrebungen zur Energieeinsparung können den Legionellen gelegen kommen, beispielsweise beim Warmwasser-Verbrauch. Werden die Temperaturen zum Beispiel beim Duschen oder beim Geschirrabwasch gesenkt, um Energie zu sparen, bieten die Sanitärleitungen ideale Bedingungen für Legionellen. Und es stellt sich die Frage, wie sich unter diesen Bedingungen Legionellen vorbeugen lassen: Braucht es zusätzliche Desinfektionsmethoden? Und wie lassen sich Wassersysteme wie Boiler und Leitungen optimieren? Diese Fragen müssen in Zusammenarbeit mit der Industrie beantwortet werden.
Legionellen wachsen überall, sind aber nicht überall gefährlich
Ein zentraler Aspekt der Forschungsbestrebungen ist es zudem, herauszufinden, wo sich Menschen infizieren können. Ein defekter Boiler kann zwar ein Nährboden für Legionellen sein, doch der Mensch wird sich kaum dort infizieren. Die Dusche, ist das grössere Risiko, da wir dort direkt mit kontaminiertem Wasser in Berührung kommen. Auch neue Technologien können mögliche, noch nicht bekannte Infektionsquellen darstellen – diese gilt es proaktiv zu beobachten.
Ausserdem gewinnt die Zusammenarbeit mit Spitälern und Labors in der Forschung weiter an Bedeutung, denn nicht alle Legionellen sind gleich gefährlich. Ausgelöst werden die Erkrankungen häufig durch Legionella pneumophila. Die restlichen mehr als 70 bekannten Arten sind nur für ca. 3-5% der Erkrankungen verantwortlich. Das Warum dahinter ist noch nicht vollständig geklärt und bedarf weiterer Forschung. Da können Krankenhäuser und Labors zukünftig wichtige Hinweise liefern.
Auch fünfzig Jahre nach Aufkommen der Legionärskrankheit ist also vieles noch offen – und mit dem Klimawandel und den raschen technologischen Entwicklungen in der Gesellschaft kommen stets neue Felder dazu. Das Thema und das Forschungsfeld sind komplex und benötigen intensive Zusammenarbeit, vorausschauende Politik und intelligente Sanitär- und Gebäudesysteme. Die nun erschienene Publikation liefert eine gute Ausgangslage, damit das gelingen kann.
Projekt LeCo
Als Reaktion auf die wachsende Zahl von Legionärskrankheitsfällen in der Schweiz hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in Zusammenarbeit mit den Bundesämtern für Gesundheit (BAG) und Energie (BFE) 2020 das Projekt LeCo (Legionellenbekämpfung in Gebäuden) initiiert. Dieses Jahr ging dieses Projekt zu Ende. Fünf Schweizer Forschergruppen hatten sich zusammengeschlossen, um das Legionellenproblem in diesem breit angelegten Forschungsprojekt anzugehen.
Die Resultate haben sie nun in einer Videoserie publiziert:
Titelbild: Auch in Garten- und Duschschläuchen fühlen sich Legionellen wohl (Foto: Unsplash).