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Der tödlichen Fischkrankheit PKD auf der Spur

27. Oktober 2017 | Andri Bryner

In der Schweiz, aber auch in ganz Europa und in der USA, befällt ein Parasit Süsswasserfische, vor allem die Forellen. Er ist im Sommer aktiv, wenn das Wasser warm ist, und „schläft“ im Winter. Eine Gruppe Forschender von EPFL, Eawag und Universität Bern haben nun ein mathematisches Modell entwickelt, das Ausbrüche der von diesem Parasiten ausgelösten Nierenkrankheit vorhersagt. 

Süsswasserfische sind vom Parasiten Tetracapsuloides bryosalmonae bedroht. Dieser hat keine Auswirkungen auf den Menschen, verursacht aber bei den Fischen die Nierenkrankheit PKD (proliferative kidney disease). Sie ist hochansteckend und kann ganze Fischpopulationen auslöschen. In der Schweiz sind vor allem Saiblings- und Forellenarten betroffen. PKD gilt als einer der Hauptgründe für den Fischrückgang in den letzten Jahrzehnten.

Forschende der EPFL, der Eawag und vom Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin der Universität Bern haben drei Jahre lang den Fluss Wigger in den Kantonen Luzern und Aargau untersucht. Anhand der Daten konnten sie ein mathematisches Modell entwickeln, um die Verbreitung des Parasiten zu modellieren und Ausbrüche vorherzusagen. Davon berichteten sie jetzt im Journal "PNAS".

Komplexer Lebenszyklus

Für ihr epidemologisches Modell mussten die Wissenschaftler den komplizierten Lebenszyklus des Parasiten berücksichtigen: Zunächst befällt der Erreger nämlich Moostierchen (Bryozoa), die an Steinen im Flussbett haften. Sporen des Parasiten gelangen dann in Kiemen und Schleimhäute der Fische, wo die Krankheit ausbricht bevor sie die Nieren befällt. Mutierte Sporen wandern über den Harn der Fische wieder ins Wasser und infizieren erneut Kolonien von Moostierchen.

Der Erreger führt erst bei erhöhten Temperaturen zu Symptomen. Bleiben die Wassertemperaturen mehrere Wochen lang über 15 Grad Celsius, wird die Krankheit tödlich für die Fische, und zwar für wild lebende oder Zuchtfische. Infizierte Tiere, die überleben, können noch über mehrere Sommer Sporen ausscheiden. Das macht das Verständnis und die Modellierung der Krankheit noch komplexer. 

Teil einer Moostierchenkolonie (total ca. 5mm).
(Foto: bryozoans, 2017)

Eigene und bereits vorhandene Daten

Von mehreren Abschnitten der Wigger wurden Proben von Fischen genommen, über DNA-Analysen die Dichte der Moostierchen und der Parasiten analysiert sowie hydrologische und geomorphologische Grössen berechnet. Gemäss Luca Carraro vom Ecohydrology-Lab der EPFL scheint sich der Parasit vor allem dort wohl zu fühlen, wo er von der Strömung geschützt ist, in Zwischenräumen im kiesigen Flussschotter – ein Befund, der nun noch an anderen Flüssen überprüft werden soll. Neben den selbst erhobenen Daten berücksichtigt die Modellierung auch zahlreiche vorhandene Daten, etwa zum Klimawandel oder zu den Wassertemperaturen.

Obwohl eine Bekämpfung von PKD zur Zeit nicht möglich ist, erlaubt das nun erstellte Modell eine Vorhersage, wie sich die Parasiten verbreiten und welche DNA-Konzentrationen des Erregers zu Ausbrüchen der Krankheit führen. Die Forschenden hoffen daher, dass ihr Modell auch für andere Fragestellungen im Bereich der aquatischen Ökologie hilfreich sein wird, zum Beispiel um invasive oder stark bedrohte Arten frühzeitig auszumachen. 

Ergebnisse aus dem Modell an der Wigger. Links: Dichte des Parasiten; rechts: vorhergesagter Befall von Jungfischen (Jährlingen) Ende Sommer 2016.  

Dieser Text basiert auf einer Medieninformation von Sandy Evangelista, Pressedienst EPFL.
Pressematerial: http://go.epfl.ch/FishParasite

Originalartikel

Luca Carraro, Enrico Bertuzzo, Lorenzo Mari, Inês Fontes, Hanna Hartikainen, Nicole Strepparava, Heike Schmidt-Posthaus, Thomas Wahli, Jukka Jokela, Marino Gatto, and Andrea Rinaldo: Integrated field, laboratory, and theoretical study of PKD spread in a Swiss prealpine river; PNAS 2017; published ahead of print October 23, 2017, http://doi.org/10.1073/pnas.1713691114