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«Die strategischen Schwerpunkte zu setzen, und von Zeit zu Zeit neu zu überdenken, ist zentral»

17. Januar 2023 | Simone Kral

Zum Jahresstart hat Martin Ackermann als Direktor die Leitung der Eawag übernommen. Wie ihm der Start gelungen ist und was er für das Schweizer Wasserforschungsinstitut plant, verrät er in unserem «Drei Fragen»-Interview.

Sie sind seit 13 Jahren an der Eawag tätig, nun leiten Sie das Forschungsinstitut als Direktor. Wie ist dieser Wechsel für Sie?

Ich kenne die Mitarbeitenden und die Kultur an der Eawag - aber die Themen, an denen nun ich arbeite, sind ganz andere. Jetzt stehen die Entwicklung unseres Instituts und der Kontakt nach Aussen im Vordergrund. Ich habe in den letzten zwei Wochen spannende Projekte der Eawag kennengelernt, Ideen und Anwendungen, die ich noch nicht kannte.

Was ich aber schon kannte und schätzte, waren die Stimmung und Kultur des Wasserforschungsinstitutes. Dass die Kolleginnen und Kollegen offen und es gewohnt sind, Dinge zusammen anzupacken. Das ist schön und auch einer der Gründe, weshalb ich mich so motiviert um diese Stelle beworben habe.

Was planen Sie für die Eawag – gibt es Neues, was bleibt?

Der Wechsel in der Leitung ist ein guter Moment, um innezuhalten und uns zu fragen: stimmt unsere strategische Ausrichtung? Gibt es neue Fragestellungen, die wir zusammen anpacken sollen? Und andere, die vielleicht ausreichend beantwortet sind und die wir abschliessen können? Die strategischen Schwerpunkte zu setzen, und von Zeit zu Zeit neu zu überdenken, ist zentral. Was wichtig ist: das kann die Direktion nicht alleine tun, und soll sie auch nicht. Dafür brauchen wir eine strategische Diskussion über die ganze Institution, mit unseren Partnern im ETH Bereich und mit unseren Stakeholdern.

Was wir aber unbedingt beibehalten und weiter ausbauen wollen,
ist der gute Ruf der Eawag

Fachleute und Organisationen aus der Praxis, im In- und Ausland, schätzen die Eawag als innovatives und zuverlässiges Kompetenzzentrum im Wasserbereich. Und dank ihres exzellenten Forschungsumfelds ist es der Eawag immer gelungen, hervorragende junge Forscherinnen und Forscher zu rekrutieren. Beides müssen wir unbedingt behalten und weiter ausbauen, damit wir auch langfristig stark und wirkungsvoll sind.

Sehen Sie besondere Herausforderungen, denen Sie sich als neuer Direktor stellen müssen?

Als Umweltforschungsinstitut haben wir zwei grossen Herausforderungen. Erstens laufen wichtige Umweltänderungen schnell ab. Die Auswirkungen des Klimawandels sind offensichtlich geworden und die Geschwindigkeit der Veränderungen nimmt zu. Dasselbe gilt für den Biodiversitätsverlust, der gerade in Süssgewässern besonders ausgeprägt ist. Um dem zu begegnen, müssen wir agil sein. Wir müssen neue Erkenntnisse und Entwicklungen schnell aufnehmen und rasch eine wissenschaftliche Einschätzung abgeben können.

Die zweite Herausforderung ist, dass vielen Umweltproblemen Konflikte um Ressourcen zugrunde liegen, und es darum keine einfachen Lösungen gibt. Oft steht Wasser im Mittelpunkt. Um den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren, setzt die Schweiz auf Wasserkraft und sammelt Wasser in Stauseen - aber dadurch fehlt es den Lebewesen in Bächen und Flüssen, und auch der Landwirtschaft. Um angesichts solcher Zielkonflikte gute Entscheidungen treffen zu können, brauchen Politik und Verwaltung interdisziplinäre wissenschaftliche Einschätzungen. Das sehe ich als eine der zentralen Aufgaben für die Eawag.

Die Eawag ist gut aufgestellt, um diese Herausforderungen zu meistern. Wir sind agil und können mit schnellen Entwicklungen im Umweltbereich Schritt halten. Und bei unseren Forschenden ist interdisziplinäre Arbeit und enger Kontakt mit anderen Institutionen und Stakeholdern tief verankert. Das ermöglicht uns, wissenschaftliche Grundlagen für die wichtigen politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen der Zukunft zu liefern.
 

Titelbild: Als neuer Direktor hat Martin Ackermann unbekannte Seiten der Eawag entdeckt. Um die Stärken des Forschungsinstituts weiss er genau. (Foto: Eawag, Alessandro Della Bella)