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Rolle der Fische bei der Durchmischung von Küstengewässern

7. April 2022 | Steve Bates, University of Southampton

Eine neue Studie zeigt, wie Fische das Ökosystem der Ozeane in den Küstenregionen beeinflussen. Zum ersten Mal wird deutlich, welche Rolle sie spielen bei der Verteilung von Wärme, Nährstoffen und Sauerstoff, die für das Funktionieren des Systems wesentlich sind.

Die Ozeane bestehen aus mehreren Schichten, die von leichterem, wärmerem Wasser an der Oberfläche bis zu dichterem, kühlerem Wasser am Boden reichen. Damit die Ökosysteme Leben erhalten können, ist es unerlässlich, dass diese Schichten durchmischt werden, um Wärme, Sauerstoff, Nähr- und Schadstoffen auszutauschen. Klar ist, dass vor allem Winde und Gezeiten den Grossteil der Energie für die Durchmischung liefern, der Beitrag schwimmender Organismen war bisher jedoch nicht bekannt.

In der neuen Studie hat die Universität Southampton zusammen mit einem Team, an den auch das Wasserforschungsinstitut Eawag beteiligt war, fünfzehn Tage lang die Wasserturbulenzen in der Ría de Pontevedra, einer Bucht an der Nordwestküste der Iberischen Halbinsel, überwacht. Die Forschenden setzten ein Instrument namens Mikrostruktursonde ein, das Schwankungen der Strömungsgeschwindigkeiten und der Temperatur in sehr kleinen Abständen misst.
 

Beobachtung von Turbulenzdaten
(Foto: Remedios Projekt)

Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht wurden, zeigen, dass jede Nacht erhöhte Turbulenzen und Vermischungen auftraten, vergleichbar mit den Turbulenzen eines grossen Sturms, obwohl das Wetter während der gesamten Studie ruhig blieb. Anhand der akustischen Informationen des Schiffsecholots und der mit kleinen Fischernetzen gesammelten Proben konnte das Forschungsteam das Signal auf das Vorhandensein von Fischschwärmen zurückführen, die sich nachts in dem Gebiet versammeln. Insbesondere waren die kleinen Netze voll mit frisch abgelaichten Eiern der Europäischen Sardelle (Engraulis encrascicolus), was ein starker Beweis dafür ist, dass das hektische Verhalten der Sardellen während des Laichens die Turbulenzen verursachte.

«Wir glauben, dass die biologische Durchmischung bei unseren Beobachtungen sehr stark war, weil die Bucht stark geschichtet ist – Temperatur und andere Eigenschaften variieren in verschiedenen Tiefen erheblich», erklärte Bieito Fernández Castro, ein Forschungsstipendiat an der Universität Southampton, der die Studie leitete.  «Frühere Studien haben ergeben, dass biologische Turbulenzen nur eine geringe Durchmischung bewirken, weil die kreisförmigen Bewegungen des Wassers, die die Fische beim Schwimmen erzeugen, zu klein sind. Dies trifft sicherlich auf den offenen Ozean zu, wo Temperaturschwankungen über Dutzende von Metern auftreten. Wir haben jedoch gezeigt, dass die Sardellen in der Nähe des Landes, wo sich die Schichten über eine viel kürzere Distanz ändern, in der Lage sind, sie zu vermischen», fuhr er fort.

Die Studie zeigt, dass die biologische Durchmischung im offenen Ozean vielleicht nicht sehr wichtig ist, aber von Bedeutung sein kann in küstennahen Ökosystemen, in denen ein blühendes Meeresleben zusammentrifft mit einer starken vertikalen Schichtung des Ozeans. Die von Fischschwärmen erzeugte vertikale Durchmischung könnte sich auf die Umverteilung von Temperatur, Nährstoffen und anderen wichtigen Wasserinhaltsstoffen wie Sauerstoff auswikren. Das kann eine grundlegende Rolle spielen für das Funktionieren des Ökosystems, auf das die Fische selbst angewiesen sind. Die Ergebnisse verdeutlichen somit die Fähigkeit lebender Organismen, die physikalische Umwelt, in der sie leben, zu beeinflussen und umzugestalten.

«Die Beobachtung, wie unsere Sardellen die Durchmischung vorantrieben, war ein absoluter Zufall. Wir wollten untersuchen, wie sich Turbulenzen auf das Meeresleben auswirken, und wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass das Meeresleben die Turbulenzen beeinflussen kann, die wiederum das Meeresleben beeinflussen!», schliesst Fernández Castro.

Die Studie war Teil des REMEDIOS-Forschungsprojekts, das von der Universität Vigo (Spanien) mit Partnern wie der Universität Southampton geleitet wird und die Rolle der Durchmischung beim Wachstum von Phytoplankton untersucht.

Biomixing in Englisch

Quelle: Remedios Proyecto, Espe Broullón

Titelbild: Forschungsschiff Ramón Margalef (Spanish Institute of Oceanography) beim Auslaufen auf dem Hafen Vigo. (Foto: Remedios Projekt)

Originalpublikation

Bieito Fernández Castro, Marian Peña, Enrique Nogueira, Miguel Gilcoto, Esperanza Broullón, Antonio Comesaña, Damien Bouffard, Alberto C. Naveira Garabato, Beatriz Mouriño-Carballido (2022) Intense upper ocean mixing due to large aggregations of spawning fish, Nature Geoscience

Kooperationen

  • University of Southampton, UK
  • Instituto de Investigacions Marinas, Spain
  • Instituto Espanol de Oceanografıa, Spain
  • Universidade de Vigo, Spain
  • Eawag, Switzerland