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Seen erhalten Forschungslehrstuhl

3. Dezember 2012 | Andri Bryner

Die EPFL, Eawag und Ferring Pharmaceuticals schaffen einen Lehrstuhl für die Erforschung des Lebensraums See.

Die vor über 100 Jahren vom Waadtländer Forscher François-Alphonse Forel gegründete Limnologie kehrt zu ihren Wurzeln zurück. Dieser Wissenschaftszweig befasst sich mit der Erforschung von Seen. Am 3. Dezember weiht die EPFL u.a. in Anwesenheit von Ferring-Verwaltungsratspräsident Frederik Paulsen und Ikea-Gründer Ingvar Kamprad den Margaretha-Kamprad-Lehrstuhl für Limnologie und Umweltwissenschaft ein. Der Lehrstuhl wird im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft von Ferring Pharmaceuticals mit 5 Millionen Franken unterstützt und dient der Erforschung der anfälligen und oft in Mitleidenschaft gezogenen See-Ökosysteme. Zum Inhaber des neuen Lehrstuhls wurde der weltweit anerkannte Spezialist für Wasserphysik Alfred Wüest ernannt.

Limnologie oder «Ozeanografie der Seen»

Was für Meere die Ozeanografie ist, ist für Seen die Limnologie. Allerdings gibt es wesentliche Unterschiede zwischen diesen beiden Lebensräumen, wie Alfred Wüest erklärt: «Seen sind relativ abgeschlossene, sehr viel verschmutzungsanfälligere Ökosysteme mit ganz anderen Strömungskreisläufen. So gibt es beispielsweise in Seen sogenannte «Stratifizierungsphänomene», d.h. Wasserschichten, die sich nur wenig miteinander mischen.» Vom guten Zustand dieser Süsswasserspeicher, die einem zunehmenden ökologischen Druck ausgesetzt sind, hängen Milliarden von Menschen ab.

Wüest wird sich vor allem mit der Untersuchung der biologischen Phänomene des Genfersees, insbesondere des Planktons, befassen. Dieses liefert Hinweise über den Gesundheitszustand des Sees und stellt das erste Glied in der Nahrungskette der gesamten Fischbestände dar. Seine Arbeit wird sich in den kommenden zwei Jahren hauptsächlich im Rahmen des Programms elemo abspielen, das u.a. die Erkundung des Genfersees und des Baikalsees in Russland dank UL-Flugzeugen mit zahlreichen Sensoren an Bord umfasst.

Zentralisierung der wissenschaftlichen Erforschung des Genfersees

Als grösster See Westeuropas ist der Genfersee für die Wissenschaftler der Region ein aussergewöhnliches Forschungsobjekt. «Mit diesem Lehrstuhl sollen auch die zahlreichen, von Wissenschaftlern aller Fachgebiete in der Westschweiz und im benachbarten Frankreich durchgeführten Forschungsarbeiten über den Lebensraum See zentralisiert werden», erklärt der Forscher.

Derzeit zählt der Lehrstuhl bereits einen wissenschaftlichen Mitarbeiter, und ab Januar wird der erste Doktorand seine Tätigkeit aufnehmen. Alfred Wüest wird seine Arbeitszeit mit seiner Tätigkeit als Leiter der Gruppe für Wasserphysik am Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag teilen.

Die Firma Ferring, die bereits das wissenschaftliche Erkundungsprogramm elemo initiierte, unterstützt nun auch die Erforschung des Lebensraums See und engagiert sich weiter für die Genferseeregion, in der sie ihren Hauptsitz eingerichtet hat. Frederik Paulsen beschloss, den neuen Lehrstuhl nach Margaretha Kamprad zu benennen. «Ich hatte das Glück, Margaretha Kamprad, die Gattin meines lieben Freundes Ingvar Kamprad, kennenzulernen. Aufgrund unserer Gespräche weiss ich, dass sie die Natur liebte und hocherfreut gewesen wäre, mit diesem neuen und bedeutenden Forschungszentrum in Verbindung gebracht zu werden», erklärt er.

Der Lehrstuhl für Limnologie wird auf dem EPFL-Campus eingerichtet und befindet sich nur rund 100 Meter vom Ufer des Genfersees entfernt, wo dieses Fachgebiet vor etwas mehr als 100 Jahren gegründet wurde.