Abteilung Umweltsozialwissenschaften
Regulierung und Management von Mikroschadstoffen
In der Abteilung Umweltsozialwissenschaften (ESS) setzen wir uns mit den Reaktionen von Einzelpersonen, Haushalten, sowie öffentlichen und privaten Stellen auf Unsicherheiten in Bezug auf Mikroschadstoffe in Gewässern auseinander. Dabei möchten wir verstehen, wie verschiedene Individuen und Akteure die Risiken der Mikroschadstoffe wahrnehmen und wie sie verschiedene technische Massnahmen und politische Optionen zur Regulierung von Mikroschadstoffen beurteilen. Neben einer regionalen und nationalen Perspektive erforschen wir die Mikroschadstoff-Regulierung auch über Grenzen und Länder hinaus.
Hintergrund
Mikroschadstoffe sind organische Spurenstoffe oder Schwermetalle, die in der aquatischen Umwelt in sehr geringer Konzentration vorkommen. Sie gelangen durch verschiedene Einstiegspfade (sogenannte Entry Paths) und Sektoren wie Industrie, Landwirtschaft oder Haushalte ins Wasser. Menschliche Aktivitäten wie Landwirtschaft, Industrieproduktion, Reinigung, Medizin (Pharmazeutika) oder Hygiene zählen somit zu den ursächlichen Aktivitäten von Mikroschadstoffen in aquatischen Ökosystemen.
Mikroschadstoffe können via Punktquellen (z.B. Überläufe von Kläranlagen) oder diffusen Quellen (z.B. Abfluss aus landwirtschaftlichen oder städtischen Gebieten) ins Wasser gelangen. In der Abteilung Umweltsozialwissenschaften verstehen wir Mikroschadstoffe nicht als ein rein technisches, sondern vor allem als ein soziales Problem. Die Kernfrage ist nicht, wie Mikroschadstoffe eliminiert werden können, sondern wie Individuen und die Gesellschaft mit der unvermeidlichen Unsicherheit im Zusammenhang mit Mikroschadstoffen leben können und welche Massnahmen als angemessen oder ausreichend für den Umgang mit dem Problem wahrgenommen werden.
Typische Probleme und Fragestellungen
In Zusammenarbeit mit Naturwissenschaftlern der Eawag wurden drei Kernthemen und Ansätze zum Management und zur Regulierung von Mikroschadstoffen identifiziert. Diese werden im Fokus der mittelfristigen Forschung der ESS stehen. Die Themen sind zusammen mit einigen typischen Forschungsfragen aufgelistet:
Unsicherheit, Kommunikation und öffentliche Wahrnehmung:
- Wie werden potenzielle Probleme und Risiken im Zusammenhang mit Mikroschadstoffen im Wasser von der Öffentlichkeit wahrgenommen?
- Wie kann «wissenschaftliche Unsicherheit» in Bezug auf die Auswirkungen von Mikroschadstoffen kommuniziert werden?
- Was sind die Präferenzen der Stakeholder und verschiedenen Interessenvertreter angesichts der wissenschaftlichen Unsicherheit?
Entwerfen der nationalen und grenzüberschreitenden Mikroschadstoff-Regulierung:
- Welche Trade-offs bestehen zwischen Massnahmen an der Quelle und Mikroschadstoff-Regulierung durch eine Aufrüstung von Kläranalgen (End-of-Pipe-Ansatz)?
- Wie kann man die grenzüberschreitende Wasserbewirtschaftung zwischen Kantonen und Ländern gestalten?
- Was sind wichtige Ziele und Präferenzen von Stakeholder in Bezug auf Mikroschadstoffe in Gewässern (und deren Beseitigung oder Vermeidung)?
- Welche technischen Massnahmen oder politischen Optionen erfüllen diese Ziele am besten? Können Kompromisslösungen im Falle von widersprüchlichen Zielen vorgeschlagen werden?
Wirtschaftliche Perspektive und Haushaltsbefragung:
- Wie viel sind die Schweizer Haushalte bereit für Verbesserungen von Kläranlagen zu zahlen, um die Mikroschadstoffe im Wasser zu reduzieren?
- Ist die Investition in Massnahmen zur Reduzierung von Mikroschadstoffen aufgrund der Kosten-Nutzen-Analyse wirtschaftlich gerechtfertigt?
Publikationen
Logar, I., Brouwer, R. (2017). The effect of risk communication on choice behavior, welfare estimates and choice certainty. Water Resources and Economics,
In press, dx.doi.org/10.1016/j.wre.2016.11.004