Wasser, Gesundheit und Wohlbefinden
Unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden hängen stark davon ab, ob ausreichend, zu wenig oder zu viel Wasser vorhanden ist. Doch rund ein Fünftel der Weltbevölkerung hat kein sauberes Trinkwasser und etwa einem Drittel stehen keine sicheren sanitären Einrichtungen zur Verfügung. Dabei ist Wasser eine unserer wichtigsten Ressourcen und der Zugang zu Trinkwasser und sanitärer Versorgung ein Menschenrecht.
Die Veränderungen im globalen Wasserkreislauf durch die Klimakrise verschlimmern bereits bestehende Probleme: Überschwemmungen bedrohen Menschenleben und in Trockengebieten verschärft sich der Wassermangel, da das spärlich vorhandene Grundwasser auch zur Bewässerung genutzt wird. Ingenieurinnen, Umweltexperten und Sozialwissenschaftlerinnen an der Eawag tragen daher mit ihrer Expertise aktiv und zielgerichtet dazu bei, den Zugang zu sauberem und sicherem Wasser zu erreichen.
Durch Wasser übertragbare Krankheiten
Hygienemassnahmen spielen eine wichtige Rolle, um die Übertragung von Infektionskrankheiten zu vermeiden. Angemessene Wasser- und sanitäre Infrastrukturen sorgen dafür, dass Abwasser sicher behandelt werden kann. Wo diese Infrastrukturen unzureichend vorhanden sind, verursachen durch Wasser übertragene Krankheiten jedes Jahr etwa 4 Milliarden Krankheitsfälle und töten 1,8 Millionen Menschen. Die Eawag entwickelt innovative Lösungen in den Bereichen Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abfallentsorgung, die unter anderem auch im Globalen Süden Anwendung finden. Zum Beispiel wurde in Durban, Südafrika, erfolgreich eine Toilette getestet, die Abwasser, Urin und Fäkalien direkt vor Ort behandelt und so ohne externen Anschluss an das Trinkwasser- und Abwassernetz auskommt. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz von Sanitärtechnologien bei humanitären Krisen. Solche Krisen werden durch die klimatischen Veränderungen teilweise verschärft. Oder sie werden dadurch überhaupt erst hervorgerufen, zum Beispiel wenn Starkregen Siedlungen überschwemmt. Im grössten Flüchtlingslager der Welt in Cox’s Bazar, Bangladesch, haben Forschende der Eawag im Auftrag des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe ein Labor zur Analyse von Fäkalschlamm geplant und mitaufgebaut. Das hilft, die Ausbreitung von Krankheiten, die durch Wasser übertragen werden, einzudämmen.
Im globalen Norden konnten Infektionskrankheiten durch die Implementierung von Sanitärinfrastruktur im Laufe des letzten Jahrhunderts zurückgedrängt werden. Unter anderem dank des Engagements der Eawag ist die Schweiz mittlerweile ein Vorzeigeland bei der Abwasserbehandlung. Das dabei geschaffene Know-how, die Infrastrukturinvestitionen und der Betrieb der Anlagen ermöglichen heute neue Perspektiven: Forschende der Eawag beschäftigen sich zum Beispiel mit Antibiotika-Resistenzen von Bakterien – einer der derzeit grössten medizinischen Bedrohungen. Sie untersuchen, wie sich die Resistenzen in Gewässern und Kläranlagen ausbreiten und mit welchen Strategien sie besser aus dem Abwasser eliminiert werden könnten. Im Abwasser finden Forschende darüber hinaus ein Abbild der gesellschaftlichen Gesundheit, zum Beispiel Medikamentenrückstände oder Erbgut von ausgeschiedenen Viren. Ein Monitoring-System könnte es künftig ermöglichen, Probleme der öffentlichen Gesundheit frühzeitig im Abwasser zu erkennen und Zusammenhänge aufzuzeigen, die sonst womöglich unentdeckt geblieben wären.
Trinkwasser kann fehlen oder verschmutzt sein
Die Versorgung der Menschen mit Wasser in ausreichender Qualität und Menge ist eine weitere wichtige Voraussetzung für Gesundheit. In Regionen mit geringen Niederschlagsmengen und ohne ausreichende Wasserinfrastruktur kommt es immer wieder zu Wassermangel und daraus folgend zu Trinkwasserknappheit. Die Klimakrise verschlimmert diese Situation durch Hitzeereignisse zusätzlich. Forschende der Eawag arbeiten deshalb daran, die Faktoren zu identifizieren, welche die Qualität der Trinkwasserressourcen beeinträchtigen. Die Bandbreite der Verschmutzungsquellen ist gross und unterscheidet sich je nach geografischer Lage und vorhandener Wasserinfrastruktur. Nicht nur Krankheitserreger, zum Beispiel Kolibakterien, können die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen, sondern auch Schadstoffe. Manche von ihnen sind natürlichen Ursprungs – in vielen Weltregionen ist das Grundwasser etwa mit Arsen oder Fluorid belastet. Zahlreiche Schadstoffe, zum Beispiel Pestizide oder PFAS (perfluorierte Verbindungen), sind hingegen menschengemacht.
Die Eawag spielt eine wichtige Rolle dabei, das Ausmass der Schadstoffbelastung im Trinkwasser aufzudecken. Und sie arbeitet daran, die Wasseraufbereitung zu optimieren, damit Krankheitserreger und Schadstoffe möglichst effizient entfernt werden. Dazu entwickelt sie einfache und erschwingliche Lösungen zur Trinkwasseraufbereitung, die für die Gegebenheiten vor Ort geeignet sind und von den Menschen selbstständig unterhalten werden können. Zum Beispiel Wasserfilter, Chlordosieranlagen sowie günstige und feldtaugliche Labors zum Monitoring der Wasserqualität. Damit Schadstoffe gar nicht erst in die Umwelt geraten, beschäftigt sich die Eawag darüber hinaus auch mit der Frage, wie Materialien grundsätzlich gestaltet und geprüft werden können, damit sie für Mensch und Umwelt sicherer sind.
Gesundes Verhalten und Wohlbefinden
Über die technischen Fragestellungen hinaus wirft die Eawag einen umweltgesundheitspsychologischen Blick auf das Thema. Ziel ist es zu verstehen, wie sich Verhaltensweisen fördern lassen, die sich positiv auf die individuelle und öffentliche Gesundheit auswirken. Oder wie Gesundheitsüberlegungen zu umweltfreundlichem Verhalten beitragen können. An der Schnittstelle von Gesundheit und Umwelt wird auch die Bedeutung naturnaher urbaner Naherholungsgebiete und intakter Ökosysteme deutlich: Sie fördern nicht nur das körperliche Wohlbefinden und die psychische Gesundheit, sondern tragen auch zur Biodiversität bei und können die Folgen von Extremwetterereignissen abfedern.