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«Abwasser ist eine Quelle für Nährstoffe, Energie und Wasser»

29. September 2020 | Bastian Etter

Kreislaufwirtschaft birgt auch beim Abwasser ein grosses Potenzial. Die Eawag forscht im NEST an einer dezentralen Abwasseraufbereitung, um Abwasser als Quelle für Nährstoffe, Energie und Wasser zu nutzen. Wichtige Partner sind dabei die Keramik Laufen AG mit der Urin-Trenntoilette «Save!» und das Eawag Spin-Off Vuna mit dem Flüssigdünger aus Urin «Aurin».

Spricht man heutzutage von Kreislaufwirtschaft, dann geht es meist um das Recycling von Materialien und Rohstoffen. Das Schliessen von Kreisläufen birgt aber auch in anderen Bereichen ein enormes Potenzial – und hier ist man teilweise schon wesentlich weiter als beim «klassischen» Recycling. Die Abwasserforschung an der Eawag befasst sich bereits seit 25 Jahren damit, wie man Abwasserströme an der Quelle trennen und diese so effizient wie möglich aufbereiten sowie wiederverwenden kann. Der Grundsatz: Abwasser ist kein Abfall, sondern eine wertvolle Ressource.
 

Vom Abfall zur Ressource

Heute wird gemischtes Abwasser zur Kläranlage transportiert, dort aufwendig gereinigt und das aufbereitete Wasser wird schliesslich in die Gewässer geführt. Dies bringt einige Herausforderungen mit sich. So benötigt die Aufbereitung in der Kläranlage Energie und Platz. Zusätzlich enthält das Abwasser wertvolle Nährstoffe. Indem man die Abwasserströme schon an der Quelle trennt, kann man diese separat aufbereiten und unter anderem eben die Nährstoffe im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wiederverwerten.

«Abwasser enthält viele wertvolle Ressourcen. Im Urin findet man beispielsweise grosse Mengen an Stickstoff und Phosphor, die als Pflanzendünger wiederverwertet werden können. Daneben kann Abwasser aber auch als eine Quelle für Energie und Wasser dienen», meint Carina Doll, Projektkoordinatorin bei der Eawag. Aus Grauwasser, welches unter anderem aus der Dusche und dem Lavabo kommt, kann durch Aufbereitung wieder Wasser gewonnen werden. Dieses kann man je nach lokalen Bedürfnissen für verschiedene Zwecke brauchen, beispielsweise zur Bewässerung, für die Toilettenspülung oder bei entsprechender Aufbereitung sogar zum Duschen. Fäkalien aus dem Braunwasser – also dem Abwasser aus der Toilette, von dem der Urin getrennt wurde – kann man zu Pellets verarbeiten. Beim Verbrennen dieser Pellets erhält man Energie in Form von Wärme zurück.

Effiziente Kreislaufwirtschaft im NEST

Im Water Hub des NEST forschen die Eawag und die Firma Vuna an ressourcenorientierter, dezentraler Abwasseraufbereitung. Ein wichtiges Puzzleteil dabei: eine Urin-Trenntoilette, die die Ströme an der Quelle – sprich den Urin vom übrigen Abwasser – trennt. Hier kommt der NEST-Partner Keramik Laufen ins Spiel. Nachdem das Schweizer Traditionsunternehmen Ende 2019 bereits eine seiner neuen «Save! Toiletten» im NEST installiert hat, wurde dieses Jahr nun das gesamte Gebäude ausgestattet. «Mit der Installation unserer ‹Save! Toiletten› im NEST erreichen wir eine hocheffiziente Kreislaufwirtschaft für das Gebäude und bringen die Forschung in diesem Bereich weiter voran», meint Rolf Schmidt, Leiter Marketing bei der Keramik Laufen AG.

Das innovative WC trennt den Urin ganz ohne Mechanik und Sensoren vom Spülwasser. Der Trick dahinter ist die Urin-Trap, die auf dem sogenannten «Teekanneneffekt» basiert. Der Urin fliesst der Keramikkante entlang in eine separate Urinöffnung. Das schneller fliessende Spülwasser hingegen überschiesst diese Kante und transportiert Fäkalien sowie Klopapier weg, wie man es von handelsüblichen Toiletten kennt. Die spezielle Formgebung, die dies ermöglicht, wurde vom Designer Harald Gründl und dessen Team von der österreichischen Firma EOOS Design konzipiert.

Dünger, der den Kreislauf schliesst

Im NEST werden die Abwasserströme schliesslich mittels separat geführter Leitungen getrennt in den Water Hub geleitet. Einer der Ströme ist für Vuna besonders wichtig: der Urin. Das Spin-Off der Eawag nutzt ein Verfahren im Water Hub, mit dessen Hilfe die wertvollen Nährstoffe im Urin weiterverwendet werden können.

Zunächst wird der Urin mittels Nitrifikation stabilisiert. Dabei wird das Ammonium auf biologischem Wege zu Nitrat umgewandelt, wodurch der unangenehme Geruch verschwindet. Danach entfernt ein Aktivkohlefilter Medikamente und Hormone. Zum Schluss wird die Flüssigkeit eingedampft. Dadurch werden Krankheitskeime eliminiert und das Volumen reduziert. Das Ergebnis: Wasser und Vunas Flüssigdünger Aurin.

«Getrennt gesammelter Urin ist eine sehr ergiebige Nährstoffquelle. Durch unser Aufbereitungsverfahren enthält unser Dünger alle wichtigen Nährstoffe, welche Pflanzen zum Wachsen benötigen. Aurin ist zudem der erste Urindünger weltweit, der eine staatliche Bewilligung für die Nutzung an essbaren Pflanzen erhalten hat», sagt Bastian Etter, Geschäftsführer Vuna GmbH.

Somit schliesst sich dank der Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft der Kreislauf bei der Urinaufbereitung. Natürlich gibt es auch andere Verfahren, um die restlichen Abwasserströme weiter zu nutzen. Dazu aber mehr in einer nächsten Success Story.

Titelbild: Loris Padiani, Empa