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Aquatikum jetzt mit Minergie P-Eco-Zertifikat

12. Juli 2016 | Andri Bryner

Das neue Labor- und Versuchsgebäude «Aquatikum» auf dem Gelände des Wasserforschungsinstituts Eawag in Dübendorf ist schweizweit die erste Laborbaute, welche das Minergie P-Eco-Zertifikat erhalten hat. Diese Auszeichnung honoriert nicht nur einen besonders nachhaltigen Umgang mit Energie, sondern auch die Sorgfalt bei der Wahl von umwelt- und gesundheitsgerechten Materialien und Verfahren beim Bau.

Dass bei Neubauten darauf geachtet wird, dass deren Betrieb einen möglichst kleinen Energieverbrauch erfordert, ist heute nur schon aus wirtschaftlichen Gründen selbstverständlich ­– jedenfalls bei einem Institut des Bundes, wie es das Wasserforschungsinstitut Eawag ist. Doch auf dem Eawag-Empa-Gelände in Dübendorf sind alle Beteiligten mit dem «Aquatikum» noch einen Schritt weiter gegangen: Hier wurden energiesparende Massnahmen ergänzt mit einer Bauweise, die von der Herstellung bis zum Rückbau zu einer geringen Umweltbelastung führen und zudem wurde auf eine hohe Arbeitsplatzqualität geachtet. So wurde zum Beispiel konsequent auf die gängigen Ausschäumungen mit  Montageschaum verzichtet oder es wurden keine Materialien verwendet, welche Fomaldehyd an die Innenluft abgeben können. 

Erstmals für Laborgebäude vergeben

Rainer Bendel, Vertreter des Generalplaners Helbling, ist stolz auf den nun zertifizierten Bau. Das Minergie-P-Eco Label sei für 12 Gebäudekategorien - (von Wohnbauten bis zu Hallenbädern)  vorgesehen; erstmals sei nun der Zertifizierungsprozess auch für eine Forschungsbaute erfolgreich durchlaufen worden. «Nicht immer ganz reibungslos», wie Bendel einräumt. So hat man sich mit den Ausstellern des Zertifikats (die Vereine Minergie und eco-bau, sowie Kanton und Bund) auf die Kategorie «Schulbau» geeinigt, weil es die entsprechenden Normen für ein «Labor- und Versuchsgebäude» noch gar nicht gibt. Doch während in einem Schulhaus zum Beispiel die Schallisolation zwischen den Schulzimmern hohe Bedeutung hat, sind im «Aquatikum» andere Ziele wichtiger. Die Schnecken, Wasserflöhe oder Fische in den Aquarien machen nicht so viel Lärm wie eine Schulklasse. Dafür muss die Lüftung in den Versuchsräumen 24 Sunden laufen, während sie in Schulhäusern über Nacht abgestellt wird.

Aquatikum in Kürze:

- Labor- und Lagergebäude der Eawag mit UG für Versuchsreihen mit Klein- und
  Kleinstlebewesen, EG für Trinkwasserexperimente, Umschlagplätze und Lager, OG für
  mit flexiblen Labor- und Lagerräumen sowie DG für Freiluftexperimente
- Bau/Umbau: 2013-2015
- Geschossfläche (GF): 2‘417 m2, Nutzfläche (NF): 1‘634 m2
- Gebäudevolumen (GV):  9‘840 m3
- Gebäudekosten BKP 2:  6.26 Mio. CHF

Positive Erfahrung

Für Andreas Müller, den Architekten des Neubaus, ist klar: «Ich werde in Zukunft versuchen, nur noch nach diesen Standards zu bauen.» So sei die Liste der empfohlenen Materialen eine grosse Hilfe gewesen; trotzdem habe es während der Bauphase Diskussionen mit den Unternehmern gegeben: «Die Firmen arbeiten mit den üblichen Materialen und es brauchte eine hohe Präsenz auf der Baustelle und ab und zu Überzeugungsarbeit, damit die Eco-Materialien verwendet wurden», sagt Müller. Im Fall der auffälligen Fassade kam Müller etwas anderes zu Gute: Die Verkleidung aus Aluminiumblech mit dem Muster von bewegtem Wasser (entworfen in Zusammenarbeit mit Stoffkünstler: Andreas Hurr) verleiht dem Haus eine klare Identität und verbindet die renovierte, alte Versuchshalle von 1970 nun elegant mit dem neu angebauten Gebäudeteil. Dazu trägt auch die über beide Gebäudeteile durchgezogene Brüstung des Dachs bei, welche im nutzbaren Teil selbst Hubstapler vor dem Absturz  bewahren würde. Die durchdachte Sprache für den Baukörper wirkt elegant und war nötig, denn das Aquatikum befindet sich innerhalb eines Gestaltungsplan-Perimeters mit hohen architektonischen Ansprüchen.

Auch der Stellvertretende Eawag-Direktor, Rik Eggen, lobt den Bau. Die Räume seien zweckmässig und von den Mitarbeitenden gerne genutzt: «Das Zertifikat ist für uns die Bestätigung, dass wir unsere Vorbildrolle als Umweltforschungsinstitut ernst nehmen», sagt Eggen.

Halle von 1970 wieder voll integriert

Der Neubau liegt hinter dem kürzlich renaturierten Chriesbach etwas versteckt im nordwestlichen Teil des Areals. Er ist Teil der kontinuierlichen Erneuerung und Ergänzung des Gebäudeparks und ersetzt Teile des 1970 bezogenen ersten Gebäudeensembles der Eawag, das aus der Versuchshalle, verschiedenen Anbauten und einem Gewächshaus bestand. Die Anbauten wurden abgebrochen. An deren Stelle entstand ein neuer Gebäudetrakt mit verschiedenen Typen von Labors und Versuchsräumen in unterschiedlichen Grössen und Ausstattung: Neben dem grossen Experimentierraum im Untergeschoss (v.a. für Versuchsreihen mit Kleinorganismen) enthält der Neubau Kühlzellen, Nasslabors, Labors mit Kapellen und Klimaräume. Das Flachdach ist mit Hubstaplern befahrbar und dient Freiluftversuchen. In der sanierten alten Halle wurden die Provisorien abgebrochen, so dass die Halle wieder grösseren Versuchsanordnungen dienen kann.

Freude über die Zertifizierung (von links): Rik Eggen (stv. Direktor Eawag), Marcel Stoll (Projektleiter Bau 3 FI), Thomas Lichtensteiger (Leiter Umweltteam Eawag), Andreas Müller (Architekt), Rainer Bendel (Generalplaner, Helbling Beratung + Bauplanung).
Foto: Andri Bryner, Eawag

Das neue Forschungsgebäude der Eawag «Aquatikum» von Südwesten. Vorne der neue Teil, hinten die sanierte, integrierte alte Versuchshalle.
Foto: Patrik Fuchs, Andreas Müller Architekten

Das neue Forschungsgebäude der Eawag «Aquatikum» von der Seite zur S-Bahn (Nord).
Foto: Patrik Fuchs, Andreas Müller Architekten

Klimatisierte Räume im UG für Versuche mit aquatischen Organismen.
Foto: Andres Jordi, Eawag

Raum für die Lagerung und Bearbeitung von Sedimentkernen.
Foto: Andres Jordi, Eawag

Labor im EG.
Foto: Andri Bryner, Eawag

Begehbares Dach für Freiluftversuche mit Vorrichtung zum Beschatten der Anordnungen.
Foto: Andri Bryner, Eawag

Das Zertifikat