Geschichte

Heute können Menschen in Schweizer Gewässern sorglos schwimmen, trinken sauberes Wasser und müssen sich auch um die Reinigung ihres Abwassers keine Sorgen machen. Das war nicht immer so. Noch in den sechziger Jahren waren schäumende Flüsse und belastete Seen Realität.

Die Eawag hat die Forschung, Beratung und Lehre in den Bereichen der aquatischen Ökologie, des Umweltverhaltens von Stoffen und der Siedlungswasserwirtschaft nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Europa und vielen aussereuropäischen Staaten massgebend mitgeprägt. Sie blickt auf eine vielfältige und dynamische Geschichte zurück. Von der Beratungsstelle der ETH Zürich mit drei Angestellten entwickelte sie sich zu einer international anerkannten Forschungsanstalt mit heute über 500 Mitarbeitenden an zwei Standorten in der Schweiz.

75 Jahre Eawag

Im Jahr 2011 feierte das Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs das 75-Jahr-Jubiläum mit Stolz und mit einem offenen Blick für die Zukunft des Wassers. Die Eawag präsentierte sich an verschiedenen Events und veranstaltete Anlässe. Die im Jubiläumsjahr erschienene Broschüre «Streiflichter auf die Eawag» gibt einen Einblick in die Wasserforschung von gestern, heute und morgen.

100 Jahre Hydrobiologisches Laboratorium in Kastanienbaum

Nur wenige Jahre nach dem 75-Jahr-Jubiläum feierte 2016 das Hydrobiologische Laboratorium in Kastanienbaum sein 100-jähriges Bestehen. 1916 gegründet und 1960 von der Eawag übernommen, arbeiten heute über 100 Forschende aus aller Welt in den Labors. Aus dem kleinen Labor ist das Kompetenzzentrum für Ökologie, Evolution und Biogeochemie geworden.

Eawag heute

Während in der Vergangenheit der Aufbau von funktionierenden Wasserinfrastrukturen, die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und der Gewässerschutz im Vordergrund standen, bilden heute Fragen nach der Balance zwischen den menschlichen Bedürfnissen an das Wasser und den Voraussetzungen für ein gesundes und funktionierendes Ökosystem den Schwerpunkt der Forschung.

Die Broschüren «75 Jahre Eawag: Streiflichter auf die Eawag» und «Flows of Science» können auch als gedruckte Ausgabe bestellt werden. Bitte senden Sie uns einfach eine E-Mail.

Entwicklungsphasen der Eawag

Die Eawag hat die Forschung, Beratung und Lehre in den Bereichen der aquatischen Ökologie, des Umweltverhaltens von Stoffen und der Siedlungswasserwirtschaft in den letzten 75 Jahren nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Europa und vielen aussereuropäischen Staaten massgebend mitgeprägt. Sie blickt auf eine vielfältige und dynamische Geschichte zurück. Die Geschichte des Instituts lässt sich grob in fünf Entwicklungsphasen der Eawag einteilen. Eine Chronik gibt zudem Auskunft über die Wechselwirkung zwischen den Aktivitäten der Eawag und den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in der Schweiz. Die Jahresberichte der Eawag von 1946 bis heute geben einen tieferen Einblick in die Forschungsanstalt.

1936-1952: Dr. Ulrich Corti

Durch die verbesserte Wasserversorgung in den Städten zu Anfang des letzten Jahrhunderts entstanden Problem der Entsorgung. Die Abwässer wurden ungereinigt oder höchstens mechanisch geklärt, in die Bäche geleitet. Der Schweizerische Fischereiverein forderte deshalb 1933 vom Eidgenössischen Departement des Inneren Massnahmen gegen die zunehmende Wasserverschmutzung und eine Beratungsstelle für Abwasserreinigung. Am 1. Januar 1936 gründete der Bundesrat die «Beratungsstelle der ETH für Abwasserreinigung und Trinkwasserversorgung». Das Hygiene-Institut mit Prof. Willi von Gonzenbach und die Versuchsanstalt für Wasserbau unter Leitung von Prof. Eugen Meyer-Peter waren die Träger der neuen Institution. Im Zentrum standen neben der Beratung die Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Abwassertechnik sowie die Überwachung der Gewässerqualität als Kontrolle für die Funktion der Anlagen.

1945 wurde aus der Beratungsstelle ein mit der ETH verbundenes Institut, die Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz unter Leitung des Chemikers Dr. Ulrich Corti.

1952-1970: Prof. Dr. Otto Jaag

1952 übernahm Prof. Otto Jaag die Spitze der Eawag. Er unterrichtete an der ETH Zürich neben spezieller Botanik auch Hydrobiologie und Limnologie und engagierte sich schon früh und nachhaltig für den gesetzlich verankerten Gewässerschutz. An der Eawag baute Jaag eine Abteilung für Limnologie auf und stärkte parallel die Beratungstätigkeit sowie die Lehre, vor allem für die Bauingenieure. 1955 erweiterte er das Institut mit der Abteilung für Müllforschung, eine Folge der sichtbaren Zusammenhänge zwischen der damaligen Abfallentsorgung und der Verschmutzung von Gewässern und Grundwasser.

Ab den 1960er Jahren besann sich die Eawag vermehrt auf ihren Auftrag als Forschungsstelle. Es entstanden grundlegende Arbeiten zur Überdüngung der Seen, zur Selbstreinigung von Gewässern oder zur Bemessung biologischer Kläranlagen. Die naturwissenschaftlichen Bereiche wurden 1960 gestärkt, als die Eawag von der Naturforschenden Gesellschaft Luzern das «hydrobiologische Laboratorium» in Kastanienbaum am Vierwaldstättersee übernehmen konnte. Direktor Jaag fand dank seines Netzwerks die nötigen Finanzen für Renovation, Ausbau und moderne Ausstattung dieser Station, die 1969 auch Sitz für die neue Abteilung Fischereiwissenschaften wurde.

1970 wurde die Eawag von einem Institut der ETH Zürich zur Annexanstalt der Eidgenössischen Technischen Hochschulen, und im gleichen Jahr – wenige Monate nach Jaags Pensionierung – konnte der Neubau in Dübendorf bezogen werden.

1970-1992: Prof. Dr. Werner Stumm

Der Chemiker Werner Stumm war nach Abschluss seines Studiums bis 1956 selbst Mitarbeiter der Eawag. Dann wirkte er 14 Jahre lang als Forscher und Lehrer auf dem Gebiet der aquatischen Chemie an der Harvard Universität in Boston, USA. Ab 1970, als neuer Direktor, räumte Werner Stumm der Grundlagenforschung an der Eawag noch grösseres Gewicht ein als sein Vorgänger Jaag. Er erkannte früh, dass die Umweltwissenschaften multidisziplinär betrieben werden müssen und forderte darum, nicht nur die chemischen, sondern auch die geologischen, biologischen und ökologischen Gesichtspunkte einzubeziehen. Er motivierte die Forschenden, die zunehmende Zahl industriell hergestellter Stoffe im Auge zu behalten und suchte Verbesserungen in den analytischen Möglichkeiten.

1975 setzte die neue Verordnung über Abwassereinleitungen erstmals klare Qualitätsziele für den Gewässerschutz. Die Eawag hatte die Grundlagen dafür geliefert, und gleichzeitig war die Verordnung ein Auftrag, an messbaren und ökotoxikologisch abgestützten Kriterien weiterzuforschen. Dem Vorwurf, man vernachlässige die Beratung, begegnete Stumm mit einer Stärkung der Aus- und Weiterbildung samt der Einführung eines Nachdiplomstudiums für Siedlungswasserbau und Gewässerschutz.

1992-2007: Prof. Dr. Alexander Zehnder

Als 1992 der Biochemiker Prof. Alexander Zehnder die Führung der Eawag übernahm, stand ihm eine intensive Zeit bevor. Das ETH-Gesetz war geändert worden, und 1993 wurde die Eawag zur selbstständigen Institution, wie die beiden ETH Zürich und Lausanne sowie die anderen drei Forschungsanstalten Empa, WSL und PSI. Mit seinem wissenschaftlichen Engagement, seiner Botschaftertätigkeit und weltweiten Kontakten zu angesehenen Instituten motivierte Zehnder viele Mitarbeitende, sich mit eigenständigen, innovativen Forschungsarbeiten zu profilieren. Unter seiner Leitung begann sich die Eawag mit der Verfügbarkeit des Wassers zu befassen, insbesondere für die Nahrungsmittelproduktion. Starke Zeichen hat er in den Bereichen Schadstoffabbau, Biofilme und Korrosionsschutz gesetzt. In der Ökotoxikologie forderte er den Wechsel zum Prozessverständnis, statt nur Effekte zu beschreiben. Noch deutlicher als Stumm förderte Zehnder die Zusammenarbeit über alle Disziplinen sowie den Einbezug von Vollzug und Praxis, zum Beispiel in Initiativen wie Fischnetz (Fischrückgang in der Schweiz) oder Greenhydro (umweltgerechte Wasserkraftnutzung).

Als Prof. Alexander Zehnder im Sommer 2004 zum Präsidenten des ETH-Rats gewählt wurde, übernahm sein Stellvertreter, Kulturingenieur Ueli Bundi, interimistisch die Leitung der Eawag.

2007-2022: Prof. Dr. Janet Hering

Prof. Dr. Janet Hering war von 2007 bis 2022 Direktorin der Eawag und ordentliche Professorin für Umweltbiogeochemie an der ETH Zürich sowie Professorin für Umweltchemie an der EPFL. Janet Hering trug als Direktorin wesentlich dazu bei, die Eawag zu einem weltweit anerkannten Forschungsinstitut zu entwickeln. Insbesondere stärkte sie den wissenschaftlichen Output der Fachpublikationen und die Betreuung von jungen Forschenden. Ein grosses Augenmerk legte Janet Hering auch auf den Austausch zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit sowie Behörden.

Janet Hering forscht an der Aufbereitung von verunreinigtem Wasser zu Trinkwasser, zum biochemischen Verhalten von Spurenmetallen und zunehmend auch zum Wissensaustausch zwischen Forschung, Gesellschaft und Politik. Sie promovierte 1988 in Ozeanografie am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und war von 1991 bis 1996 und ab 1996 als Professorin für Umweltwissenschaft und -technologie am California Institute of Technology und an der University of California tätig. Janet Hering hat sich in ihrer Zeit als Professorin und Direktorin sehr für Diversität und eine stärkere Vertretung von Frauen in wissenschaftlichen Führungsgremien und Professuren eingesetzt.

2023-heute: Prof. Dr. Martin Ackermann

Seit 2023 steht die Eawag unter der Leitung von Martin Ackermann.

Martin Ackermann hat Biologie an der Universität Basel studiert, wo er 2002 promovierte. Danach arbeitete er zwei Jahre lang als Postdoktorand an der University of California, San Diego. Im Jahr 2004 wechselte er als Oberassistent an die ETH Zürich und wurde im März 2006 zum Assistenzprofessor SNF und 2008 vom ETH-Rat zum ausserordentlichen und 2015 zum ordentlichen Professor ernannt. Neben seiner Professur leitete Martin Ackermann zehn Jahre lang an der Eawag die Forschungsabteilung Umweltmikrobiologie mit rund 50 Mitarbeitenden, die führend ist in lösungsorientierter Forschung in aquatischer Mikrobiologie.

Mit seiner Forschungsgruppe arbeitet Martin Ackermann an grundlegenden Fragen zur Ökologie und Evolution von Bakterien. Das Ziel ist es, das Verständnis der Biologie von Bakterien in der Natur zu erweitern und auch Erkenntnisse zu liefern, die für die Kontrolle und Nutzung bakterieller Aktivitäten von praktischem Mehrwert sind.

Martin Ackermann hat über 100 wissenschaftliche Publikationen in internationalen Zeitschriften veröffentlicht, viele davon in führenden interdisziplinären Journalen. Er ist Mitglied der European Academy of Microbiology und engagiert sich erfolgreich in der Nachwuchsförderung. Zudem war er von April bis Juli 2020 Vize-Präsident und von August 2020 bis August 2021 Präsident der Swiss National COVID-19 Science Task Force.

Chronik der Eawag-Geschichte

Die Chronik der Eawag-Geschichte zeigt die wichtigsten Stationen der Eawag seit ihrer Gründung. Sie gibt Auskunft über die Wechselwirkung zwischen den Aktivitäten der Eawag und den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in der Schweiz.

1936 Der Schweizerische Fischereiverein gelangte 1933 an das Eidgenössische Departement des Inneren, damit Massnahmen gegen die zunehmende Wasserverschmutzung getroffen und eine Beratungsstelle für Abwasserreinigung eingerichtet wird.
Die Eröffnung der Beratungsstelle für Abwasserreinigung und Gewässerschutz an der ETH Zürich ist die Geburtsstunde der EAWAG. Zu Beginn arbeiten ein Chemiker, ein Biologe und ein Ingenieur in der Beratungsstelle.
1946 Die Beratungsstelle wird in ein mit der ETH verbundenes Institut umgewandelt, das den Namen «Eawag» (Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz) erhält.
Die Leitung der Annexanstalt übernimmt Dr. Ulrich Corti.
Die Eawag gliedert sich in vier Fachbereiche:
  • Chemie
  • Biologie
  • Grundwassergeologie
  • Bautechnik
1952 Prof. Dr. Otto Jaag wird neuer Direktor der Eawag. Unter ihrem neuen Direktor ist die Eawag vor allem in der Beratung tätig. Es gilt, die anstehenden Probleme möglichst rasch zu lösen. Vor allem sollen Kläranlagen verhindern, dass weiterhin ungeklärtes Abwasser in die Gewässer gelangen konnte.
Es entsteht die neue Abteilung «Hydrobiologie - Limnologie»
1955 Gründung der Abteilung «Feste Abfallstoffe»
1957

Die Eawag spielt bei der Umsetzung des ersten Wasserschutzgesetzes der Schweiz eine entscheidende Rolle, indem sie Projekte, welche Kanalisationen, Kläranlagen und andere Gewässerschutzmassnahmen betreffen, beurteilt.

1960 Übergabe des Hydrobiologischen Laboratoriums in Kastanienbaum an die Eawag durch die Naturforschenden Gesellschaft Luzern.
--> Ausbau der Forschung im Bereich Limnologie und Hydrobiologie
1961

Die Kritik des Bundesamtes für Gewässerschutz, die Eawag betreibe zu wenig Forschung und zu viel Beratung, führte zu Forschungsarbeiten im Bereich «Eutrophierung von Seen», «Selbstreinigungskraft der Gewässer», «Biologische Kläranlagen»

1962

Otto Jaag publiziert laufend in Fachzeitschriften über Gewässerschutz und Gewässerreinigung und knüpft während seiner Zeit als Direktor der Eawag viele internationale Kontakte.

1969 Gründung der Abteilung «Fischereiwissenschaften»
1970 Der Chemiker Prof. Dr. Werner Stumm wird neuer Direktor der Eawag. Die Eawag wird von einem Institut der ETH Zürich in eine Annexanstalt der Eidgenössischen Technischen Hochschulen umgewandelt.
Die Grundlagenforschung tritt in den Vordergrund.
Die Eawag bezieht den Neubau in Dübendorf.
1975 Die Eawag unterstützt die Quantifizierung der Gewässerschutzziele.
1977 Der Neubau in Kastanienbaum (Kanton Luzern) wird bezogen.
1979

Der Nachdiplomstudiengang «Siedlungswasserbau und Gewässerschutz» entsteht an der ETH Zürich.

1987 Die Forschungsgruppe für aquatische Ökotoxikologie wird gegründet.
1992 Der Biochemiker Prof. Dr. Alexander Zehnder übernimmt die Leitung der Eawag. Er lanciert die Diskussion um Nachhaltigkeit im Umgang mit Wasser und Energie
Die Eawag konzentriert sich ausserdem stärker auf transdisziplinäre Projekte.
1993 Die praxisorientierten Eawag-Kurse (PEAK) werden erstmals angeboten.
2004 Gründung der Fischereiberatungsstelle an der Eawag
2006 Der Neubau Forum Chriesbach in Dübendorf wird bezogen.
2007 Prof. Dr. Janet Hering wird Direktorin der Eawag.
2008 Gründung der Wasser-Agenda 21
Die Geschäftsstelle der Wasser-Agenda 21 wird an der Eawag eingerichtet.
Gründung Oekotoxzentrum an der Eawag.
2011 Die Eawag feiert ihr 75-jähriges Bestehen und intensiviert den Dialog mit der Praxis.
2012

Die Eawag legt ihre Forschungsschwerpunkte fest.

  • Wasser für das Wohlergehen des Menschen
  • Wasser für das Funktionieren der Ökosysteme
  • Strategien bei Konflikten rund ums Wasser
2012 Die Eawag wird «WHO Collaborating Centre for Sanitation and Water in Developing Countries» der Weltgesundheitsorganisation.
2013 Das neue Forschungsschiff «Otto Jaag» auf dem Greifensee wird getauft.
2014 Mit Massive Open Online Courses (Moocs) setzt die Eawag eine neue Form der Wissensvermittlung ein.
2015 Das neue Labor- und Versuchsgebäude «Aquatikum» nimmt den Betrieb auf
2015 Eine einzigartige Anlage mit 36 Teichen für Freilandversuche entsteht.
2016 Das modulare Experimentalgebäude NEST und der Water Hub werden eröffnet.
2019 Die Plattform «LéXPLORE» wird im Genfersee verankert.
2020

Die Eawag legt konzeptionelle Rahmen (frameworks) für ihre Weiterentwicklung fest

  • Verstärkter Einsatz von D3 für Wasser (D3: Digitalisierung, Data Mining, Datenwissenschaften)
  • Ausrichtung an den SDG-Zielen (SDG: Sustainable Development Goals)
  • Verknüpfung von Forschung und Wissens- und Technologietransfer
2021 Der Neubau FLUX in Dübendorf wird bezogen.