Abteilung Umweltsozialwissenschaften
Management von Ökosystemdienstleistungen
Im Departement für Umweltsozialwissenschaften (ESS) setzen wir uns mit Interaktionen zwischen menschlichem Handeln und aquatischen Ökosystemdienstleisungen auseinander. Dabei wird untersucht, wie verschiedene betroffene gesellschaftliche Akteure Ökosystemdienstleistungen wahrnehmen und bewerten, und wie das Management von Ökosystemen und die Qualität derer Dienstleistungen verbessert werden können.
Hintergrund
Ökosystemdienstleistungen schreiben der Natur einen Wert zu und sollen dadurch zu deren Schutz beitragen. In der verbreiteten Definition des Millennium Ecosystem Assessment (MEA 2005) sind Ökosystemdienstleistungen als “Vorteile, welche Menschen aus Ökosystemen ableiten“, beschrieben.
Menschliche Aktivitäten haben zu einer starken Beeinträchtigung von Ökosystemen und deren Dienstleistungen geführt. Mehrere wichtige Probleme beziehen sich auf aquatische Ökosystemdienstleistungen. Dazu gehören “der schlechte Zustand vieler der weltweiten Fischvorräte; die Gefahr von Wassermangel, welcher zwei Milliarden Menschen in trockenen Weltregionen ausgesetzt sind; oder die wachsende Beeinträchtigung von Ökosystemen durch den Klimawandel und Verunreinigungen durch Nährstoffe” (MEA 2005). Aquatische Ökosysteme wie Seen, Flüsse oder Sümpfe stellen unterstützende (z.B. Biodiversität oder Nährstoffdurchlauf), bereitstellende (z.B. Nahrung wie Fisch oder Trinkwasser), regulierende (z.B. hydrologische Systeme, Kontrolle von Verschmutzung, Entgiftung), sowie kulturelle Dienstleistungen (z.B. spirituelle oder freizeitbezogene Dienstleistungen; MEA 2005) bereit.
Während es sich beim Verständnis der Bedrohungen von Ökosystemen und der ökologischen Vorteile von Naturschutzmassnahmen typischerweise um naturwissenschaftliche Fragen handelt, ist die Definition eines ausgeglichenen Verhältnisses zwischen menschlichen Aktivitäten und dem Schutz von aquatischen Ressourcen schlussendlich ein gesellschaftliches Problem. Sozialwissenschaftliche Ansätze sind deswegen für das Verständnis dieses Problemfeldes unabdingbar.
Typische Probleme und Fragestellungen
In ESS betreiben wir Forschung zu drei Kernfeldern im Bereich des Managements von aquatischen Ökosystemdienstleistungen. Alle drei Kernfelder repräsentieren auch jeweils aktuelle politische Probleme.
Energie und Wasserkraft: Die Schweizer Energiestrategie 2050 sieht vor, die Produktion von Wasserkraft aufgrund des Atomausstiegs zu intensivieren. Damit verbundene Forschungsfragen sind:
- Was sind Trade-offs zwischen dem Erstellen von neuen Wasserkraftwerken und deren Einflüssen auf die Umwelt?
- Was ist die Risikowahrnehmung und die Zahlungsbereitschaft der Schweizer Bevölkerung, wenn es um die Abschwächung von negativen ökologischen Auswirkungen eines Ausbaus der Wasserkraft handelt?
- Welches sind die Regulierungen und politischen Koalitionen rund um die Priorisierung von Kleinwasserkraftwerken?
Flussmanagement: In der Schweiz werden bis 2090 rund 4000 km an Flüssen renaturiert. Dies zieht Konflikte um verschiedene Ökosystemdienstleistungen zwischen beteiligten Akteuren mit sich. Damit verbundene Forschungsfragen sind:
- Welche Governance-Formen eignen sich am besten für die gemeinsame Verwaltung von Ökosystemdienstleistungen in einem Flusseinzugsgebiet?
- Wie nimmt die Bevölkerung diese Renaturierungsprojekte wahr, und wieviel ist sie bereit dafür zu bezahlen?
- Wie können Entscheidungen, z.B. bezüglich der Priorisierung von Renaturierungsprojekten oder Monitoring-Programmen unterstützt werden?
Naturschutz und Biodiversität: Der Bundesrat hat vor kurzem eine Biodiversitätsstrategie und einen entsprechenden Massnahmenplan ausgearbeitet. Unter anderem bedingt das Fördern der Biodiversität den Schutz von aquatischen naturnahen Habitaten. Forschung in ESS befasst sich mit den folgenden Fragen:
- Welches ist der wirtschaftliche Wert von Ökosystemdienstleistungen, welche von naturnahen (im Gegensatz zu beeinträchtigten) Flüssen oder Seen dargeboten werden?
- Welche Politikmassnahmen können helfen, naturnahe Ökosysteme aufrecht zu erhalten?
- Invasive Arten sind auch im Wasserbereich eine ernste Bedrohung für einheimische Arten und deren Lebensräume. Welche Ökosystemdienstleistungen werden von einheimischen Arten dargeboten, wie werden diese von betroffenen Akteuren wahrgenommen, und wie können wir invasive Arten effektiv bekämpfen?
WissenschaftlerInnen
Isabelle Stadelmann-Steffen, Universität Bern
Clau Dermont, Universität Bern
Philip Thalmann, EPFL
Win Myint, Environmental and Economic Research Institut, Yangon, Myanmar
Stefan Rieder, Interface Politikstudien
Chantal Strotz, Interface Politikstudien
Peter Messerli, CDE Universität Bern
Gudrun Schwilch, Universität Bern
Adrienne Grêt-Regamey, ETH Zürich
Bruno Salomon Ramamonjisoa, University of Antananarivo
Khamla Phanvilay, National University of Laos
San Win, University of Forestry, Myanmar
Publikationen
Laufende Projekte
Flussmanagement
Energie und Wasserkraft
Naturschutz und Biodiversität
Zudem arbeitet die ESS-Abteilung eng mit der Siam-Abteilung in den Bereichen Entscheidungsunterstützung im Umweltmanagement und Modellgestützte Entscheidungsunterstützung zusammen.