
Cyanobakterien / Blaualgen
Cyanobakterien, auch «Blaualgen” genannt, sind keine Algen, sondern Bakterien und zählen zu den ältesten sauerstoffproduzierenden Lebensformen der Erde. Als natürlicher Bestandteil aquatischer Ökosysteme kommen sie weltweit in fast allen Gewässern und an vielen feuchten Standorten vor, auch in der Schweiz. Einige Arten können jedoch Giftstoffe, «Cyanotoxine», bilden, die für Mensch und Tier gefährlich sein können. Forschende an der Eawag arbeiten daher daran, das Vorkommen von giftigen Cyanobakterien besser zu verstehen, um die von ihnen verursachten Risiken besser einschätzen zu können.

Cyanobakterien sehen auf den ersten Blick aus wie Algen aus und können blaugrün gefärbt sein – daher der Name Blaualgen. Je nach Art können sie aber auch grün, gelb, braun oder rot gefärbt sein. Nur unter dem Mikroskop sind Cyanobakterien von Algen zu unterscheiden.
Es wird angenommen, dass Cyanobakterien die ersten Organismen waren, die ihre Energie durch Photosynthese gewinnen konnten und damit den ersten Sauerstoff in die Atmosphäre abgaben. Es gibt mehrere tausend Arten von Cyanobakterien auf der Erde, und sie sind die am häufigsten vorkommenden photosynthetischen Mikroorganismen in den Ozeanen und im Süsswasser.
Einige Cyanobakerien produzieren Cyanotoxine, giftige Stoffwechselprodukte, die für Mensch und Tier eine Gefahr darstellen. Bisher ist von rund 40 Arten verschiedener Cyanobakterien bekannt, dass sie Cyanotoxine produzieren. Der Klimawandel begünstigt zunehmend Massenvermehrungen von Cyanobaktieren – eine Gefahr für Ökosysteme und Gesundheit der Bevölkerung.

Wo Cyanobakterien im Wasser zu finden sind
Abhängig davon, wo sie sich im Oberflächengewässer vermehren, wird zwischen pelagischen und benthischen Cyanobakterien unterschieden.
Pelagische «Blüten» in der Wassersäule
Im offenen Gewässer, der pelagischen Zone, können sich Cyanobakterien bei starker Sonneneinstrahlung und ausreichend Wärme und Nährstoffen (Stickstoff und Phosphor) massenhaft vermehren und zu einer «Blüte» führen. Diese Blüten treiben in unterschiedlichen Tiefen der Seen, und sind daher nicht immer sofort erkennbar. Zum Teil können Cyanobakterien aktiv an die Oberfläche steigen. Die saisonale Durchmischung des Wassers oder starke Winde können Cyanobakterien aber auch passiv an die Wasseroberfläche bringen. Wenn die Biomasse bis an die Oberfläche aufschwimmt, sind die Cyanobakterien gut zu erkennen. Dann empfiehlt es sich für Menschen und Tiere, nicht mit ihnen in Kontakt zu kommen.
Aussehen: Eine Trübung oder blaue, grüne, gelbe oder rote Verfärbung des Wassers deuten auf eine hohe Konzentration an Cyanobakterien hin. Es können sich Schlieren, Schaumteppiche, Flocken oder Klumpen bilden.
Vorkommen: Cyanobakterienblüten in der Wassersäule treten vor allem im Spätsommer und Herbst auf, können, je nach Spezies, aber auch im Winter/Frühling sichtbar werden.
Giftstoffe: Die bekannteste und am besten untersuchte Substanzklasse sind die Microcystine, die als Lebergifte (Hepatotoxine) wirken. Diese Microcystine werden von vielen pelagischen Cyanobakterien produziert.
Gefahr: Eine Gefahr besteht insbesondere für Kleinkinder und Hunde bei Verschlucken von Biomasse oder längerem Kontakt mit Wasser, das hohe Konzentrationen an Cyanotoxinen enthält. Es kann zu Hautreizungen, Erbrechen oder Atembeschwerden kommen.


Benthische «Matten» am Grund
Cyanobakterien wachsen nicht nur in ruhigen, offenen Gewässern, sondern auch am Grund – der «benthische Zone» von Flüssen, Tümpeln oder Seen. Cyanobakterien bilden dort auf Steinen, Holzstücken oder Wasserpflanzen einen Biofilm – benthischen «Matten» (auch «Aufwuchsalgen» und «Krötenhäute» genannt).
Anders als die Blüten im offenen Gewässer, können sich die benthischen Matten auch in nährstoffarmen, klaren oder wenig getrübten Gewässern bilden, die das Sonnenlicht auf den Grund durchlassen.
Aussehen: Diese Matten können mehrere Millimeter bis Zentimeter dick sein und sich am Grund oft erst unbemerkt bilden. Benthische Matten erscheinen braun, schwarz oder dunkelgrün und es sind zum Teil Luftblasen auf der Oberfläche zu sehen, welche durch Photosynthese entstehen und dazu beitragen, dass sich die Matten oder Fetzen davon irgendwann vom Grund lösen und sie aufschwimmen. Die Fetzen treiben dann an die Wasseroberfläche oder ans Ufer. Wenn sie am Ufer austrocknen, nehmen sie oft eine graue oder braune Farbe an.
Vorkommen: Im Gegensatz zu pelagischen Blüten treten benthische Matten auch in Fliessgewässern auf und können ab Frühjahr bis in den Spätherbst Probleme bereiten.
Giftstoffe: Benthische Cyanobakterien können zum Teil potente Nervengifte (Neurotoxine) produzieren, welche aus der Klasse der Anatoxine stammen. Anatoxine werden für akute Todesfälle bei Hunden in der Schweiz und weltweit verantwortlich gemacht.
Gefahr: Hunde werden von dem fauligen Geruch der Matten angezogen und können Toxine aufnehmen, wenn sie Wasser trinken, an Holzstücken nagen oder sich am Fell lecken. Die Konzentration von Nervengiften kann in benthischen Matten sehr hoch sein, obwohl die Konzentration im freien Wasser darum herum meist kaum nachweisbar ist. Schon das Verschlucken von geringen Mengen kann für Hunde tödlich enden. Auch Kleinkinder können mit den Fetzen am Ufer spielen und sie versehentlich schlucken.

Aktuelles
Aktuelles
Video: Unterwasserdrohne zur Erkennung von Cyanobakterien
Unsere Forscher haben das BlueROV (Remotely Operated Vehicle) eingesetzt, um Cyanobakterienmatten aufzuspüren und ihr Wachstum im Laufe des Jahres zu beobachten. Nach erfolgreicher Suche wurden die Proben ins Labor gebracht, um ihre mögliche Toxizität zu analysieren.
Forschungsprojekte
Wissenschaftliche Publikationen
Titelbild: Blüte der Woronichinia naegeliana, Greifensee (Eawag, Francesco Pomati).