Département Toxicologie de l’environnement
Erweiterung des Fisch-Invitroms für die tierversuchsfreie Vorhersage der Chemikalientoxizität
Für die Umweltrisikobewertug von Chemikalien werden bislang jährlich Tausende von Fischen in Toxizitätstests eingesetzt. Um den Einsatz von Tieren zu reduzieren, müssen tierversuchsfreie, alternative Toxizitätsprüfungsmethoden entwickelt werden. Im Rahmen des Projekts «Erweiterung des Fisch-Invitroms in Richtung eines modularen, soziotechnischen Rahmens für die tierversuchsfreie Vorhersage der chemischen Toxizität für Fische» arbeiten wir mit permanenten Zelllinien von Fischen, die als Ersatz zu Tierversuchen dienen, um die Auswirkungen chemischer Belastungen zu untersuchen.
Dieses transdisziplinäre Projekt wird im Rahmen des nationalen Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP79) des Schweizerischen Nationalfonds gefördert. Es steht unter der Leitung von Kristin Schirmer (Eawag, ETHZ, EPFL), einer Expertin für Fischzelltoxikologie; leitende Funktionen im Projekt haben zudem die experimentellen Forscherinnen Ksenia Groh - Umwelt-Bioanalytik und Proteomik und Colette vom Berg – molekulare Neurotoxikologie (beide Gruppenleiter an der Eawag) sowie die Innovationsforscher Bernhard Truffer (Eawag, Universität Utrecht) und Jarno Hoekman (Universität Utrecht).
Das Team um Kristin Schirmer hat bereits einen Toxizitätstest entwickelt, der auf Kiemenzellen der Regenbogenforelle beruht (RTgill-W1), und die zuverlässige Vorhersage der akuten Toxizität einer grossen Anzahl von Chemikalien auf Fische ermöglicht. Dieser Test wurde im Jahr 2021 von der OECD als erste, auf einer Zelllinie beruhenden, tierversuchsfreie Leitlinie im Bereich der Umweltoxikologie freigegeben (OECD-Prüfrichtlinie 249). Basierend auf dieser Pionierarbeit wurde die Entwicklung einer Vielzahl von weiteren Tests nach demselben Prinzip initiiert, um zusätzliche Aspekte abzudecken, die für die Umweltrisikobewertung relevant sind. Dazu gehören zum Beispiel Bioakkumulation, Biotransformation und organspezifische Toxizität sowie Neurotoxizität und die auf molekularen Mechanismen basierende Vorhersage der chronischen Toxizität. Die beiden letztgenannten Aspekte werden jetzt im Rahmen des "Fisch-Invitrom"-Projekts untersucht. Dabei hat das Dissertationsprojekt von Jessica Bertoli, welches von Colette vom Berg betreut wird, zum Ziel, zellbasierte Modelle für die Bewertung der Neurotoxizität zu entwickeln. Das Dissertationsprojekt von Mihai-Ovidiu Degeratu, betreut von Ksenia Groh, beinhaltet die Entwicklung eins Proteinmarker-Panels zur Erfassung der Wirkmechanismen und des Toxizitätsverlaufs in Fischzellen.
Da sich der Weg zur OECD-Zulassung des ursprünglichen RTgill-W1-Tests als langwierig (>10 Jahre) und mühsam erwiesen hat, soll dieses Projekt auch eine schnellere Einführung ähnlicher, auf Fischzellen basierender Tests durch die Behörden ermöglichen. Unter der Leitung der Sozialwissenschaftler Bernhard Truffer und Jarno Hoekman arbeiten wir deshalb an einem Co-Design-Konzept, welches Interessensvertreter und Praxispartner früh miteinbezieht um den Prozess von der Entwicklung bis zur Anwendung zu beschleunigen. Das Ziel ist ein modulares, auf verschiedenen Fischzellinien beruhendes Computermodell, welches eine Chemikalienbewertung im Fisch ohne Tierversuche ermöglicht.
Weitere Informationen zu den Teilprojekten des NFP79-Projekts "Erweiterung des Fisch-Invitroms für die tierversuchsfreie Vorhersage der Chemikalientoxizität" finden Sie unter den oben angegebenen Links