Abteilung Siedlungswasserwirtschaft

BGB Reallabor Bern

 

 

Worum geht es?

Das Reallabor Bern Viererfeld/Mittelfeld untersucht die Auswirkungen der Urbanisierung auf verschiedenste Umweltfaktoren, wie beispielsweise die Wasserbilanz, Wärmehaushalt oder die Biodiversität. Verschiedenste wissenschaftliche Projekte sollen hier die Gelegenheit erhalten wertvolle Erkenntnisse und einzigartige Grundlagedaten zu erarbeiten.

Im Zentrum von Bern wird eine 20 Hektar grosse Wiese in ein Stadtquartier für 3'000 Menschen umgewandelt. Dies bietet ein schmale Zeitfenster, in dem der Zustand vor und während der Bebauung erfasst werden kann. Dieser einzigartige Datensatz ist von wissenschaftlichem Wert und großem Nutzen für unsere Forschung im Bereich Blaue Grüne Infrastruktur und Biodiversität (BGI/BGB).

Mit einer anfänglichen Reihe von Sensoren werden wir die grundlegenden hydrologischen und mikroklimatischen Bedingungen erfassen. Letztendlich möchten wir ein Reallabor für die BGI/BGB-Forschung einrichten, das umfangreiche Längsschnittmessungen dieses urbanen Wandels ermöglicht. Wir sind dabei, ein Konsortium von Forschern zu bilden, die an der Idee des Reallabors interessiert sind. Darunter Wissenschaftler der Eawag, WSL und Universität Bern aus den Bereichen Biodiversität, Lärm- und Lichtverschmutzung, städtische Böden, Hydrogeologie, Hitzeforschung und Bürgerwissenschaften. Investitionen in dieses Projekt werden einen einzigartigen und seltenen Datensatz hervorbringen, der für unsere BGI-Forschung und für Publikationen von grossem Wert ist.

Dieses Projekt ist ein Beitrag zur  Forschungsinitiative Blue Green Biodiversity, einer Zusammenarbeit von Eawag und WSL, mit dem Fokus auf die Biodiversität an der Schnittstelle zwischen aquatischen und terrestrischen Ökosystemen.

Über das Entwicklungsprojekt Viererfeld / Mittelfeld

Das Quartier Viererfeld/Mittelfeld soll ein naturnahes, gut vernetztes Wohnumfeld bieten. Großer Wert wird auf die Verwendung heimischer und standortgerechter Arten gelegt. Darüber hinaus sollen Fassaden- und Dachbegrünungen gefördert und versiegelte Flächen auf ein funktionales Minimum reduziert werden. Diese sogenannten Blau Grünen Infrastrukturen sollen die negativen Auswirkungen der Urbanisierung begrenzen und dazu beitragen, den Wasser- und Energiehaushalt in einem möglichst natürlichen Zustand zu bringen. Eine klimaangepasste Gestaltung soll auch in Zukunft eine hohe Lebensqualität gewährleisten. Die ökologischen Intentionen zeigen sich unter anderem in der vielseitigen Planung der Dachlandschaften. Sie sollen sowohl von Menschen als auch von Insekten genutzt werden können. Darüber hinaus werden die Dächer als Rückhalteflächen für Regenwasser, Energiegewinnung und Warmwasser genutzt.

Mehr über die Quartierplanung finden Sie hier: Stadt Bern Viererfeld/Mittelfeld

BGI - Blau Grüne Infrastruktur

Unter Blau Grüner Infrastruktur versteht man ein strategisch geplantes Netzwerk von natürlichen und naturnahen Gebieten, die so gestaltet und verwaltet werden, dass sie eine breite Palette von Ökosystemleistungen erbringen. Grüne Elemente sind zum Beispiel: Hecken, Sträucher und Dachgärten. Blaue Elemente sind beispielsweise Tümpel, Teiche sowie künstliche Pufferbecken. Die BGI’s sollen die Auswirkungen der Urbanisierung begrenzen und dabei helfen den Wasser- und Energiehaushalt wieder in einen natürlicheren Zustand zu bringen. So können sie beispielsweise als Rückhaltemöglichkeit von Wasser bei Regenereignissen dienen. Im Kontext des Klimawandels (starke Regenereignisse, Hitzewellen, Überschwemmungen etc.) spielen BGI’s eine immer wichtiger werdende Rolle in der Städteplanung.

Wie können wir das erreichen?

Die Eawag gründet in Zusammenarbeit mit der WSL und der Universität Bern das Reallabor Bern. Ein Reallabor ist ein öffentlicher Raum, welcher die Zusammenarbeit eines breiten Spektrums von Akteuren und Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht um innovative urbane Dienstleistungen in einem realen Umfeld zu entwickeln. Dabei wird auch eine Infrastruktur für andere Forschungsgruppen bereitgestellt, damit sich diese mit ihren eigenen Monitoring-Projekten beteiligen können. Zu den Teilnehmern gehören Wissenschaftler aus den Bereichen Biodiversität, Lärm- und Lichtverschmutzung, urbane Böden, Hydrogeologie, Hitzeforschung und Bürgerwissenschaft. Der Projektlebenszyklus ist durch vier Schritte gekennzeichnet:

  1. Schaffung einer Ausgangsbasis vor der Urbanisierung: Installation eines Sensornetzes, um einen Basisdatensatz vor Beginn der Urbanisierung zu erstellen. Die Daten werden sich auf die Überwachung des Wasser- und Energiehaushalts konzentrieren. 
  2. Verfolgung der baubedingten Veränderungen: Erfassung der ersten Umweltveränderungen während der Urbanisierungsphase und Ermittlung der Auswirkungen der BGI auf Wasserabfluss, Überschwemmungen und Umweltwärme. 
  3. Bewertung nach dem Bau: Analyse nach Abschluss der Bauarbeiten, um festzustellen, ob BGI’s die Auswirkungen der Verstädterung eines neuen Wohngebiets auf das Niveau vor der Verstädterung reduzieren können. 
  4. Abschluss des Projekts: Ende der aktiven Forschungsphase

Ermittlung der Ausgangssituation vor der Urbanisierung

Die erste Phase besteht aus vier Hauptaufgaben:

  1. Erstellen von Basismodellen
  2. Planung und Verfeinerung des Sensornetzes
  3. Installation von Sensoren und Hardware
  4. Daten und Software Integration

Um die Ausgangssituation im Vierer-, Mittelfeld besser zu verstehen sowie um die Auswirkungen der Überbauung und der geplanten BGI abzuschätzen, wurden verschiedene Modellierungen durchgeführt. Dabei wurden jeweils drei Szenarien berücksichtigt:

  • vor der Überbauung
  • nach der Überbauung exklusiv BGI
  • nach der Überbauung inklusiv BGI

Bis die BGI ihre volle Wirkung entfalten können, dauert es oftmals einige Jahre, da sich die Vegetation erst etablieren muss. Um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten, wurde der Fokus bei den Modellierungsarbeiten auf mehrere Sichtweisen gelegt. So bestehen Modelle für die Themen Biodiversität, Hitze sowie Überflutung. In der untenstehenden Abbildung sind Modellierungsergebnisse ersichtlich.

 

 

 

Es wird erwartet, dass die Urbanisierung des Areals negative Auswirkungen mit sich bringt, welche jedoch durch den gezielten Einsatz der geplanten BGI- Strategie deutlich abgeschwächt werden können. Im Vergleich mit den jetzigen Agrarflächen können die geplanten BGIs zur Förderung der Biodiversität sowie einer erhöhten Tierbewegung führen. Die hydrologische Auswirkung der BGIs zeigt einen bedeutenden Schritt zur Renaturalisierung des Wasserhaushalts mit wenig Einfluss auf Gewässer und existierende Infrastruktur. Am bedeutendsten ist die Rolle der geplanten Wasserzisternen im Areal als Schlüsselpunkt für mehrere Ökosystemleistungen.

Beim Aufbau des Sensornetzwerkes stützen wir uns stark auf die Technologie und die Erfahrungen des Urban Water Observatory (UWO) in Fehraltorf. Für die meisten Sensoren werden wir das stromsparende Datenübertragungsprotokoll LoRaWAN verwenden. Abbildung 3 zeigt die im Viererfeld installierte Wetterstation. Die Daten der Wetterstation können unter folgendem Link eingesehen werden: Eawag - Reallabor Viererfeld (sensors-eawag.ch). Über die nächsten Jahre wird eine Verfeinerung des Sensornetzwerkes stattfinden.

Welche Vorteile hat das Projekt?

Das Reallabor Bern soll als Leuchtturmprojekt für Blau-Grüne Anpassungsmassnahmen an den Klimawandel in der Schweiz dienen. Es wird verschiedene interdisziplinäre Forschungsprojekte an einem Ort zusammenführen. Dadurch gestaltet sich die einzigartige Möglichkeit einer ganzheitlichen Betrachtungsweise für BGI’s, welche in der Forschung zurzeit noch zu wenig vorhanden ist. Bisher war es schwierig die Auswirkungen von BGI's zu quantifizieren, da es meist keine Ausgangsdaten gibt. Dieses Projekt wird dies ändern! Wir haben die großartige Möglichkeit, den Energie- und Wasserhaushalt während des gesamten Lebenszyklus des Urbanisierungsprojekts zu beobachten. Investitionen in dieses Projekt werden einen einzigartigen Datensatz hervorbringen, der für unsere BGI-Forschung von grossem Wert ist.

Hinweis

Der offene Charakter des Reallabors ermöglicht es dem Forschungskonsortium jederzeit neue Mitglieder zu integrieren. Falls Sie Interesse an dem Forschungsprojekt haben und mit Ihrer Expertise mitwirken möchten sind Sie herzlich Willkommen. Gerne können Sie unverbindlich mit uns in Kontakt treten.

Das erweiterte Projektteam besteht aus Forschern der Eawag, WSL sowie der Universität Bern. Es besteht Zusammenarbeit mit der Stadt Bern (Tiefbauamt, Stadtgrün Bern, Immobilien Stadt Bern).

Sensordaten

Bei Interesse an den im Vierer- und Mittelfeld erhobenen Umweltdaten können Sie auf dieser Seite nachsehen.

   

Kontakt

Projektteam

Dr. Lauren Cook Gruppenleiterin Tel. +41 58 765 5474 E-Mail senden
Noemi Buri Tel. +41 58 765 5599 E-Mail senden
Simon Bloem Mechanische Konstruktion & additive Fertigung Tel. +41 58 765 6472 E-Mail senden