Infotag-Magazin 2025: Grundwasser – die Ressource Trinkwasser nutzen und schützen

80 Prozent des Schweizer Trinkwassers stammen aus dem Grundwasser. Vor allem im sehr dicht genutzten Mittelland wird dessen Schutz immer schwieriger.

Neue oder neu ins Blickfeld gerückte Schadstoffe wie PFAS werfen neue Fragen auf.

Höhere Wassertemperaturen und längere Trockenperioden im Zuge des Klimawandels verschärfen die Situation.

Können die Wasserversorger den Konsumentinnen und Konsumenten weiterhin nahezu unbehandeltes Grundwasser abgeben? Warum sind auch schon lange erkannte Probleme, wie die Nitratbelastung, immer noch nicht wirklich gelöst? Am Eawag-Infotag vom 4. September 2025 gingen Eawag-Forschende auf solche Fragen ein. Sie präsentierten Resultate und Werkzeuge, welche Praxis und Verwaltung unterstützen, die Trinkwasserressourcen in Qualität und Menge zu sichern. Die wichtigsten Inhalte stellen wir Ihnen in den folgenden Beiträgen vor.

Im Fokus

Michael Berg, Geochemiker und stellvertretender Leiter der Abteilung Wasserressourcen und Trinkwasser, hat den Infotag 2025 mitkonzipiert. (Foto: Alessandro Della Bella, Eawag)

«Wir müssen unsere Trinkwasser-Ressource erhalten»
In der Schweiz stammen 80 Prozent des Trinkwassers aus dem Grundwasser. Der Klimawandel, Schadstoffe und Nutzungskonflikte setzen die wichtige Lebensgrundlage aber unter Druck.

In den Grundwasserschutzzonen sind bestimmte Nutzungen verboten oder eingeschränkt. (Foto: Adobe Stock/ Peter Penicka, Eawag) Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben verbessern

Die Gesetzgebung verlangt, dass Grundwasserschutzzonen die Trinkwasserfassungen vor Verunreinigungen schützen. Vollzugsdefizite und Nutzungskonflikte verhindern dies jedoch oft. Das Parlament hat daher Gesetzesanpassungen und weitere Massnahmen beschlossen, die sicherstellen sollen, dass Grundwasser auch in Zukunft ohne aufwendige Aufbereitung als Trinkwasser genutzt werden kann.

Infiltrationskanäle wie hier im Hardwald bei Muttenz (BL) sind eine Möglichkeit, um das Grundwasser anzureichern. (Foto: Hardwasser AG)

Weniger Wasser im Sommer, mehr im Winter
Der Klimawandel verändert die Lufttemperatur- und Niederschlagsmuster in der Schweiz, was die Neubildung und die Qualität des Grundwassers beeinträchtigt. Um eine nachhaltige Nutzung der Ressource Grundwasser zu sichern, ist ein Mix aus Massnahmen nötig. Gute Vorhersagen ermöglichen rechtzeitiges Handeln und stützen Investitionsentscheide ab.

Die Umweltchemikerin Juliane Hollender ist eine international anerkannte Expertin auf dem Gebiet der hochauflösenden Massenspektroskopie und hat es an der Eawag mit aufgebaut. (Foto: Kilian J. Kessler)

Spezialistin für das Aufspüren von Schadstoffen
Juliane Hollenders Gruppe fahndet mithilfe der hochauflösenden Massenspektrometrie nach unbekannten Mikroverunreinigungen im Grundwasser und untersucht, wie diese wirken und wie man sie entfernen kann. Denn Grundwasser ist unsere wichtigste Trinkwasser-Ressource. Die Umweltchemikerin schätzt es, wenn ihre Forschungsergebnisse direkt in die Praxis einfliessen.

In Gebieten mit viel Landwirtschaft sind die Nitratkonzentrationen im Grundwasser höher. Doch auch andere Faktoren, die bisher wenig berücksichtigt wurden, können hohe Nitratkonzentrationen begünstigen. (Foto: Adobe Stock)

Wie Künstliche Intelligenz Nitrat aufspürt
Forschende der Eawag kartieren die Belastung des Schweizer Grundwassers durch Nitrat mithilfe von maschinellem Lernen. So lassen sich Lücken im Messnetz füllen und Ursachen für überhöhte Werte finden. Die Studie ist Teil eines grösseren Projekts, das den Stickstoff-Kreislauf in der Schweiz analysiert.

Niphargus auerbachi, einer der etwa 40 verschiedenen Flohkrebsarten, die im Schweizer Grundwasser leben. (Foto: Roman Alther, Eawag) Die Artenvielfalt im Untergrund schützen

Im Grundwasser gibt es eine bisher ungeahnte Vielfalt an wirbellosen Organismen. Diese ernähren sich unter anderem von Mikroben und tragen dazu bei, dass man das Grundwasser als Trinkwasser nutzen kann. In Gebieten mit intensiver Landwirtschaft ist diese Biodiversität vermindert. Forschende plädieren für eine systematische Überwachung und Rote Listen.

Die verschiedenen Akteure im Bereich Grundwasser müssen miteinander reden und Kompromisse finden, ist Mario Schirmer überzeugt. (Foto: Peter Penicka, Eawag) «Wir wollen dem Grundwasser ein Gesicht geben»

Das Schweizer Grundwassernetzwerk (CH-GNet) unterstützt den Wissensaufbau, begleitet Fachprojekte und fördert den Austausch zwischen Forschung und Praxis. Der Hydrogeologe Mario Schirmer ist Mitbegründer und Mitglied des Leitungsteams des Netzwerks. Ihm ist die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Behörden und Bevölkerung besonders wichtig.

Durch die neuen Aufgaben im Grund- bzw. Trinkwasserschutz sind Kantone und Gemeinden stark gefordert. (Foto: Wikimedia, Adrian Michael) Grundwasserschutz: Unterstützung beim Vollzug

Die Plattform Grundwasserschutz unterstützt kantonale Fachstellen, Gemeinden, Wasserversorgungen und Beratungsbüros bei der Umsetzung von neuen Aufgaben des Grundwasserschutzes, um langfristig eine sichere Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser zu gewährleisten. Dazu entwickelt sie neue technische Grundlagen sowie praxistaugliche Methoden und fördert den Wissensaustausch.

An drei Beobachtungsbrunnen wird das Grundwasser im Zu- und Abstrom des Hochtemperatur-Speichers überwacht (Foto: Eawag) Wie das Grundwasser auf Wärmespeicherung reagiert

Für eine nachhaltigere Wärmeversorgung des Areals von Empa und Eawag in Dübendorf wurde ein neuartiger Hochtemperatur-Wärmespeicher gebaut, der die Dekarbonisierung des Energiesystems fördert. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wird untersucht, wie sich dieser auf das Grundwasser auswirkt.

In Basel haben etwa Spitäler und die pharmazeutische Industrie teilweise sehr tiefreichende Gebäude mit Labors und IT-Räumen im Untergrund, die mit ihrer Abwärme die Grundwassertemperatur erhöhen. (Foto: Luftaufnahme Erich Meyer) Städte: Wärmeinseln auch im Untergrund

In Städten ist die Grundwassertemperatur oft deutlich höher als auf dem Land. Vor allem die Abwärme aus unterirdischen Bauten lässt die Temperatur ansteigen, wie Studien in Basel zeigen. Mit 3D-Wärmetransportmodellen berechnen die Forschenden den Wärmeeintrag in das Grundwasser. Die im Untergrund schlummernde Wärme könnte dabei vermehrt zum Heizen genutzt werden. Das Potenzial ist gross.

Titelbild: grafikvonfrauschubert, Eawag

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Dr. Michael Berg Stv Abteilungsleiter Tel. +41 58 765 5078 E-Mail senden
Claudia Carle Wissenschaftsredaktorin Tel. +41 58 765 5946 E-Mail senden

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